
DAX-Rekordhoch über 24.000 Punkte Vorläufiger Höhepunkt von irrer Kursrally
Der neue DAX-Rekord bei mehr als 24.000 Punkten ist der vorläufige Höhepunkt einer irren Kursrally, die an einem "Panic Monday" startete - und eine der besten Kaufgelegenheiten der Börsengeschichte war.
Der DAX hat heute Börsengeschichte geschrieben und erstmals seit seiner Einführung im Jahr 1988 die Marke von 24.000 Punkten geknackt. Im mittäglichen Handel geht es in der Spitze auf 24.065,50 Punkte aufwärts: Es ist bereits das 26. Rekordhoch in diesem Jahr. Diese Serie von Allzeithochs spiegelt die anhaltende Stärke des deutschen Aktienmarktes wider - trotz aller wirtschaftlichen Herausforderungen.
"Panic Monday" war fantastische Kaufgelegenheit
Es ist zugleich der vorläufige Höhepunkt einer außergewöhnlichen Kursrally, die am 7. April 2025 ihren Anfang nahm. An diesem "Panic Monday" brach der DAX bis auf 18.489 Punkte ein. Ausgelöst wurde der Kurssturz durch die neuen US-Zölle, die US-Präsident Donald Trump am 2. April angekündigt hatte. Diese führten weltweit zu Panikverkäufen und dem größten globalen Kurssturz seit dem Corona-Börsencrash von 2020.
Seit seinem Tief am "Panic Monday" hat der DAX nunmehr über 5.500 Punkte respektive 30 Prozent hinzugewonnen - und das in gerade einmal sechs Wochen. Im Nachhinein entpuppte sich der Kurssturz nach dem "Liberation Day" damit als eine der besten Kaufgelegenheiten der Börsen-Geschichte.
FOMO an der Börse
Doch wie kam es überhaupt dazu? Was hat zu diesem drastischen Sinneswechsel der Anleger geführt? Der Kurssturz Anfang April stellte zunächst eine Übertreibung der Börsen nach unten dar, der zu einer Gegenreaktion führte. Der folgende Anstieg des DAX brachte all jene Investoren in Bedrängnis, die auf einen weiteren Kursverfall gewettet hatten.
Es folgte ein sogenannter Short-Squeeze, die Kurse schnellten nach oben. Doch danach kam es für viele Marktbeobachter überraschend rasch zu Anschlusskäufen. Diese begründeten sich nicht zuletzt in der Angst der Anleger, den nächsten Anstieg zu verpassen. Diese "Fear of Missing Out" (FOMO) machte die Investoren risikobereiter und gieriger.
Anleger hoffen auf den "Deal-Maker" Trump
Hinzu kam die Hoffnung, dass die hohen US-Zölle nicht in Stein gemeißelt seien. Anleger setzten darauf, dass der selbsternannte "Deal-Maker" Trump seinem Ruf letztlich gerecht werden könnte. Tatsächlich zeigte sich Trump für viele überraschend als "lernfähig" und bereit, Fehler in der Handelspolitik zu korrigieren.
Schon in der Vergangenheit ist Trump ein Politiker gewesen, der auf die Finanzmärkte hört. Das "Sell America"-Szenario an den Börsen Anfang April, das in einer toxischen Kombination aus dem gleichzeitigen Ausverkauf von US-Staatsanleihen, -Aktien und dem Dollar gipfelte, dürfte ihn zum Umdenken gebracht haben.
Vorläufiger Höhepunkt dieses Sinneswandels: das überraschende Handelsabkommen zwischen den USA und China, das die Aktienmärkte mit einem Freudensprung quittierten. Ökonomen sehen darin einen wichtigen ersten Schritt zu einer Deeskalation des Handelskonflikts.
Trump setzt jetzt auf Bessent statt auf Navarro
"Offensichtlich macht sich hier positiv bemerkbar, dass mittlerweile vor allem Finanzminister Scott Bessent - ein Kenner der Finanzmärkte - für die US-Regierung viele Verhandlungen führt", betonen die Experten der Commerzbank.
"Hingegen scheint Trump seinen handelspolitischen Berater Peter Navarro, dessen Weltanschauung und Äußerungen in den vergangenen Wochen und Monaten regelmäßig für Schrecken auf den Kapitalmärkten gesorgt hatten, aufs Abstellgleis gestellt zu haben."
Die beste aller Börsenwelten?
Unterm Strich ist das Risiko, dass Trumps Handelspolitik die US-Wirtschaft und die Weltkonjunktur in die Rezession stürzt, in den vergangenen Wochen merklich gesunken. Auch die Inflationsgefahren sind kleiner geworden. Das eröffnet Spielraum für weitere Zinssenkungen der großen Notenbanken dies- wie jenseits des Atlantiks.
Die Märkte steuern damit nach Meinung einiger Marktbeobachter nach dem Panik-Crash Anfang April auf ein sogenanntes "Goldlöckchen-Szenario" zu aus niedrigen Zinsen, stabilem Wirtschaftswachstum und moderater Inflation - die beste aller Börsenwelten.
Hat der Bullenmarkt im DAX noch Potenzial?
Viele Anleger fragen sich nun aber: Wie viel Luft hat das deutsche Börsenbarometer jetzt noch nach oben? Fakt ist: Der Aufwärtstrend im DAX ist intakt, in der Technischen Analyse gilt ein neues Rekordhoch zudem als Kaufsignal. HSBC-Analyst Jörg Scherer hat bereits ein Kursziel von 26.500 Punkten ausgerufen.
Auch mit Blick auf die Statistik hat der DAX womöglich noch Potenzial. Schließlich ist der aktuelle Bullenmarkt - definiert durch einen Anstieg von mindestens 20 Prozent gegenüber dem vorherigen Tiefpunkt - gerade einmal gut zweieinhalb Jahre alt. Im Oktober 2022 erreicht der deutsche Leitindex ein Jahrestief von 11.863 Punkten und stieg seither kontinuierlich an. Wer damals im DAX eingestiegen ist, hat seinen Einsatz bereits mehr als verdoppelt.
Dennoch ist der aktuelle Bullenmarkt im historischen Vergleich noch relativ jung: Oft dauern Bullenmärkte bis zu fünf Jahre - der letzte sogar elf Jahre (von 2009 bis 2020).
Droht dem DAX nun eine Korrektur?
Auch wenn mittel- bis langfristig im DAX nach oben somit noch viel möglich scheint: Kurzfristig sind die Risiken für einen Kursrücksetzer groß. Nach seinem langen, rasanten Anstieg gilt der deutsche Leitindex als "überkauft". Gewinnmitnahmen oder gar eine Korrektur kämen daher nicht überraschend.
Hinzu kommt: In den aktuellen Kursen ist schon viel Positives eingepreist. Der DAX notiert nun deutlich höher als vor Ankündigung der drastischen US-Zölle. Doch diese sind keineswegs komplett vom Tisch, sondern immer noch deutlich höher als vor dem "Liberation Day". Im Falle der EU ist bislang noch gar keine Einigung in Sicht.
Die negativen Auswirkungen der hohen politischen Unsicherheit dürften sich mit etwas Verzögerung in den kommenden Wochen und Monaten auch in den "harten" Konjunkturdaten bemerkbar machen. Zwar dürfte vieles nicht so schlimm kommen, wie anfangs befürchtet. Doch die Weltwirtschaft und insbesondere die US-Wirtschaft stehen nun definitiv schlechter da als vor Trumps Amtsübernahme. Bleiben aber die positiven Impulse aus, dürfte es dem DAX schwerfallen, seine Rekordrally fortzusetzen.