
Sachsen Zwischen Algen und Bakterien: Dresdner Forscher untersuchen Mikroplastik in der Elbe
Am Hafen in Dresden-Pieschen ist am Mittwoch ein Langzeitexperiment der Hochschule für Technik und Wirtschaft zu Ende gegangen. Ausgedacht hat sich das ein Doktorand der Hochschule gemeinsam mit seiner Professorin. Das Ziel: Die Mikroplastikbelastung der Elbe zu untersuchen. Was passiert mit Plastik, wenn es in unsere Flüsse gelangt? Und was bedeutet das für die Umwelt - und für uns selbst?
Lucas Kurzweg kniet auf einem Steg am Hafen in Dresden-Pieschen und taucht seinen Arm ins 16 Grad kalte Wasser. "Im Januar war es schlimmer", sagt er lachend. Als er ihn wieder hochzieht, hält er einen kleinen, zylindrischen Käfig aus Metall in der Hand, übersät mit Algen, Sediment und was sonst noch so im Elbehafen schwimmt.
Doktorarbeit über Mikroplastik
Kurzweg schreibt zurzeit seine Doktorarbeit an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Dresden. Was er am Mittwochmorgen aus dem Elbwasser fischt, ist Teil seiner Forschungsarbeit. Mit dem Experiment will er herausfinden, wie sich Mikroplastik im Fluss ablagert und welche Rolle dabei Algen, Bakterien und andere Mikroorganismen spielen, die sich als Film auf den Plastikteilchen ablagern.

Lucas Kurzweg zieht den Korb mit seinen Versuchskäfigen aus der Elbe.
"Wir haben insgesamt 30 schwimmfähige Käfige mit jeweils 100 Mikroplastikpartikeln aus einem neuartigen Material in der Elbe ausgesetzt", erklärt Kurzweg. Die Käfige sind so konstruiert, dass das enthaltene Plastik nicht entweichen kann und zugleich das Elbwasser gut hineinströmen kann. Auf den Plastikteilchen lagern sich so mit der Zeit Stoffe ab - ein Film auf der Oberfläche bildet sich. "Wir haben regelmäßig Wasserproben im Hafen entnommen, um die Wasserbeschaffenheit zu überwachen", so Kurzweg.
Nach zwei, vier und sechs Monaten seien die Mikroplastikpartikel im Labor aus den Käfigen entnommen worden. Im Labor wird dann das Absinkverhalten der Partikel untersucht und gemeinsam mit der Uniklinik Dresden auch die Zusammensetzung der Ablagerungen, sagt der Doktorand.
Mikroplastik ändert seine Beschaffenheit
Einer der Betreuer der Doktorarbeit und des Experiments ist Andreas Fery. Er ist Professor für physikalische Chemie der Polymere am Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden. "Wir haben festgestellt, dass Mikroplastik in der Umwelt sehr schnell seine Oberflächeneigenschaften ändert", sagt er. "Es ist wichtig zu verstehen, wie und warum das passiert." Denn diese Eigenschaften hätten Einfluss darauf, wie Plastikpartikel mit der Umwelt und am Ende auch - über die Nahrungskette - mit dem Menschlichen Organismus interagieren. "Das wollen wir besser verstehen!", sagt Fery.

Lucas Kurzweg (v.) mit Prof. Dr. Kathrin Harre (h.) untersuchen das Verhalten von Mikroplastik in der Elbe.
Kathrin Harre, Professorin für technische Chemie an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, hat das Experiment mitentwickelt. Sie sagt, dass Mikroplastik nicht per se gefährlich sein muss." Ehrlicherweise muss man sagen, dass der Kunststoff selber nicht toxisch wirkt. Aber man weiß, dass kleine Kunststoffpartikel durch die große Oberfläche sehr gut andere Stoffe aus der Umwelt aufnehmen und anlagern können." Und genau das könnte - so die Hypothese der Wissenschaftler - das Problem sein. Die Teilchen wirken wie ein Magnet auf Fremd- und Schadstoffe.
Hoffen auf weitere Forschung
Für Lucas Kurzweg war das "Elbefischen" der letzte Feldforschungstag. Jetzt geht es ans auswerten und schreiben der Doktorarbeit. Kurzweg hofft, dass mit den Erkenntnissen weiter Forschung betrieben werden kann. Darüber, wie stark die Belastung der Elbe mit Mikroplastik ist und ob diese Partikel bis ins Grundwasser kommen, zum Beispiel.
"Weil wir immer mehr Mikroplastik im Sediment bekommen, haben wir vielleicht irgendwann mal eine extreme Schadwirkung, die das Mikroplastik auf die lebenden Organismen haben kann", sagt Kurzweg. Im besten Fall, ergänzt Professor Fery, könne man mit den Erkenntnissen vielleicht in Zukunft Kunststoffe so gestalten, dass sie weniger bis gar nicht schädlich für Mensch und Umwelt sind.
MDR