
Sachsen Dresden: Festival für Hip Hop und Street Art gestartet
Die urbane Kultur in Dresden ist um ein Event reicher: Vom 9. bis 11. Mai findet erstmals das "All4/1 Hip Hop Festival" in der Robotron-Kantine statt. Veranstaltet wird es vom neu gegründeten House of Urban Culture, zu dem unter anderem die Breakdance-Crew The Saxonz und der Jugendhilfe-Verein Spike gehören. Das Festival will zeigen, wie lebendig und facettenreich die Hip Hop-Kultur in Dresden ist – getragen allein von ehrenamtlichem Engagement.
- Das Festival zeigt neben Rap, Breakdance und DJs auch Graffiti und andere Street Art.
- Für Kinder und Familien gibt es Angebote wie Kunst- und Breakdance-Workshops.
- Trotz knapper Mittel wird das Festival ehrenamtlich organisiert – bei freiem Eintritt.
Noch ist der große Saal der Robotron-Kantine in Dresden leer, ein paar Kunstwerke lehnen an den Wänden. Doch bald schon sollen hier und außerhalb des Gebäudes, unter anderem auf der Skateranlage, Breakdance-Tänzerinnen und -tänzer ihre Kunststücke zeigen.
Es gibt einen Oststil, der sehr kraftvoll ist. Felix Roßberg, Mitorganisator des Festivals "All4/1" |
Von einer bis zu vierstelligen Zahl von Besucherinnen und Besuchern ist die Rede, die am Wochenende zu dem Festival "All 4/1" für städtische Straßenkunst kommen werden und Tanz, Musik und gemalte Hip Hop-Kunst bestaunen können – ein Beispiel dafür, wie groß die Szene in Dresden geworden ist.
Erstes Festival des neuen House of Urban Culture
Auch Felix Roßberg, Teil der preisgekrönten Breakdance-Crew The Saxonz, schaut sich die Location schon einmal an. Zusammen mit dem Jugendhilfe-Träger Spike, dem Musiklabel NewDef und anderen Gruppen ist er Teil des House of Urban Culture und somit ehrenamtlicher Mitorganisator des Festivals.

Die Organisatoren hinter dem Festival, von links nach rechts: Enrico Sutter, Ellen Demnitz-Schmidt, Felix Roßberg und Jens Hilgner.
Für ihn ist die sächsische Hip Hop-Kultur etwas Besonderes. "Es gibt einen Oststil, der sehr kraftvoll ist", erzählt er. Im Breakdance hätten sie diese Kraft in die Details ihrer Akrobatik gesteckt. Er freue sich aber auch darauf, von den anderen Künstlern, auch von Graffiti und DJ-Sets, neue Inspiration zu bekommen.
Hip Hop in Dresden zum Entdecken und Erleben
Das Festival soll nicht nur zur Inspiration und Vernetzung dienen, sondern auch Interessierte ansprechen, die bisher nicht so sehr mit der Szene in Verbindung gekommen sind, erzählt Ellen Demnitz-Schmidt, Geschäftsführerin des House of Urban Culture. Auch sie ist vor Ort und führt die letzten Telefonate, damit zum Festivalstart auch alles steht.
Wir wollen zeigen, wie die Kultur lebt. Ellen Demnitz-Schmidt, Mitorganisatorin des Festivals "All4/1" |
Es sei die erste große Veranstaltung des House of Urban Culture, erzählt sie: "Wir machen das relativ kurzfristig und wollen zeigen, wie die Kultur lebt." Sie hat das House of Urban Culture im vergangenen Jahr mit Felix Roßberg gegründet. "Wir wollten Hip Hop unter ein Label fassen, Synergien herstellen und bestärken, die sowieso schon da sind."
Graffiti und Street Art in aller Vielfältigkeit
Für das Konzept der Veranstaltung zuständig ist der Jenaer Künstler Enrico Sutter. Er lobt die Vielfältigkeit der rund 20 Graffiti-Künstlerinnen und Künstler, die ihre Werke in der Halle ausstellen.

Graffti als Kunst: Beim Festival werden unter anderem die Werke von MadC ausgestellt.
Ein Highlight ist für ihn, dass die bekannte Bautzener Künstlerin MadC ihre Gemälde ausstellt: Seit 30 Jahren arbeitet sie schon als Sprayerin, inzwischen gehört sie zu den bekanntesten Graffiti-Künstlerinnen der Welt. Ihre ausgestellten Bilder erinnern an Kalligrafie.
Besonders hebt Sutter auch Andy K hervor, den er den "dienstältesten" Dresdner Street Artist nennt: Er fing Ende der 1980er-Jahre zu sprühen an. "Erst hat er das klassische Name Writing gesprüht, sich dann aber entwickelt zu collagenhafter Technik und bastelt surreale, absurde, groteske Collagen", würdigt er die Arbeit seines Sprayer-Kollegen. Andy K arbeite mit alten recycelten Materialien, andere drucken sich ihre Kunstwerke zuhause selbst – die Szene sei vielfältig.

Auch der Dresdner Street Artist Andy K, der bereits seit den 1980er-Jahren aktiv ist, präsentiert beim Festival seine Graffitis.
Auch Konzepteur Enrico Sutter selbst arbeitet künstlerisch und sprüht Graffiti, seit dem Alter von 13 Jahren. "Das war sofort meine Welt. Ich habe mich komplett damit identifiziert", erinnert er sich zurück. Für ihn hatte Graffiti sprühen in den Neunzigern noch eine andere Konnotation, wurde mit Drogen und fast ausschließlich mit Kriminalität verbunden. "Dabei hat das bei mir nie eine Rolle gespielt. Für mich war das größte Highlight: Wie sieht mein nächstes gesprühtes Bild aus?", wendet er ein. Über das Graffiti sprühen fand er zur Bildenden Kunst, studierte in Paris, Berlin und Dresden.
Hip Hop als Möglichkeit zur Teilhabe für Jugendliche
Sozialarbeiter Jens Hilgner kennt diese Geschichten – sie gehören zum Alltag seiner Arbeit mit Kindern und Urban Art beim Jugendhilfe-Träger Spike. "Hip Hop ist mehr als nur Szene für mich", meint er. "Es ist auch Methode, Kinder und Jugendliche zu empowern, Teilhabe zu ermöglichen." Gerade jetzt, wo viele Stellen weggekürzt würden, sei ein Festival wie das "All 4/1" wichtig.
Hip Hop ist eine Methode, um Kinder und Jugendliche zu empowern. Jens Hilgner, Mitorganisator "All4/1" |
Hilgner und der Verein Spike e.V. werden auf dem Festival Kunst- und Breakdance-Workshops, gerade für Kinder und Familien, anbieten und wollen damit auch der breiteren Bevölkerung einen Zugang zu Hip Hop ermöglichen. "Hip Hop ist mittlerweile salonfähig", sagt Hilgner stolz. "Und dann ist es nichts schlimmes, wenn mein Kind zu einem Breaking Workshop geht, sondern es ist toll, es ist beliebt." Für ihn sei Hip Hop eine Methode der Sozialarbeit, Zugang zu den Kindern und Jugendlichen zu bekommen und ihnen bei ihrer Weiterentwicklung zu helfen.

Zum Festival soll es auch Breakdance-Workshops für Kinder und Jugendliche geben.
Eine Herausforderung: Finanzen und Räumlichkeiten
Für das Festival wie für das House of Urban Art arbeiten sie alle ehrenamtlich. Auch die Künstlerinnen und Künstler bekommen keine Gagen für ihre Tänze, die Ausstellung ihrer Musik, ihr DJ-ing.
Einzig eine Spendenbox wird aufgestellt, deren Erlös dem House of Urban Art zugutekommen soll. Das House of Urban Art wie die Hip Hop-Szene leben von ehrenamtlicher Arbeit: Eine öffentliche Förderung durch die Stadt sieht Ellen Demnitz-Schmidt weit weg, wenn, dann suche man nach privaten Förderungen.

Die Robotron-Kantine und das umgebende Gelände bieten mit Ausstellungsräumen und Skatepark geeignete Bedingungen für das Festival.
Selbst ein Büro hat das House of Urban Art noch nicht. Ursprünglich war im Gespräch, die Organisation in der Robotron-Kantine anzusiedeln. "Wir sind konzeptionell mit an diesen Ort gedacht, mitten in der Stadt, wir haben den Skatepark vor der Tür, Graffitiwände sollen hier entstehen", erzählt Demnitz-Schmidt, wendet dann aber ein: "Wir werden hier keine Büros und keine dauerhaften Räume haben."
Dafür sei noch zu unklar, wie lange die Sanierung der Robotron-Kantine wirklich dauern würde. Und so sind sie noch auf der Suche nach Räumlichkeiten für dauerhafte Ausstellungen. Laut Demnitz-Schmidt sei das aber wegen der derzeitigen Mietpreise eindeutig Zukunftsmusik.
Weitere Informationen zu Adresse, Öffnungszeiten und Eintritt (zum Ausklappen)
All4/1 Hip Hop Festival
veranstaltet vom House of Urban Culture
9. bis 11. Mai
Adresse
Robotron-Kantine
Zinzendorfstraße 5
01069 Dresden
Öffnungszeiten
Freitag und Samstag, 10 Uhr bis 00 Uhr
Sonntag, 10 Uhr bis 18 Uhr
Eintritt:
frei
Redaktionelle Bearbeitung: hro, vp