
Brandenburg Waldumbau in Brandenburg: "Wir brauchen mehr Wildnis"
Das Frühjahr ist viel zu trocken, die Waldbrandgefahr hoch. Ökologin Antje Bischoff erklärt, warum Monokulturen keine Zukunft haben, und warum wir den Wäldern nach Bränden mehr Zeit gönnen sollten. Das Forschungsprojekt Pyrophob zeigt Wege auf.
In Brandenburg bereitet sich der Landesforstbetrieb auf zu erwartenden Waldbrände vor und ließ Dutzende neue Brunnen bohren. Aber braucht es nicht auch mehr Prävention statt nur Reaktion?
Damit hat sich das fünfjährige Forschungsprojekt Pyrophob beschäftigt: Von 2020 bis 30. April 2025 untersuchten acht Umwelt- und Forschungseinrichtungen, wie Wälder in Zeiten von Klimawandel und steigender Waldbrandgefahr widerstandsfähiger gestaltet werden können – hin zu "feuerabweisenden" Mischwäldern.

Das bislang größte Waldbrandforschungsvorhaben Brandenburgs wurde von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde initiiert. Dr. Antje Bischof leitete den Forschungsteil der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg - Die Wildnisstiftung.
Frau Bischoff, was war 2018 beim Waldbrand in Treuenbrietzen besonders?
Antje Bischoff: Besonders war die Größe: 400 Hektar verbrannten. Ein Jahr später gab es in Jüterbog auf unseren Stiftungsflächen den größten Waldbrand der Brandenburger Landesgeschichte: Da sind nochmals 800 Hektar abgebrannt.
Gab es 2018 in Treuenbrietzen standardisierte Verfahren zum Umgang mit Brandflächen?
Nein. Üblich war: Kahlschlag, Trommelhäcksler, Neupflanzung. Aber im Stadtwald ging Förster Dietrich Henke neue Wege: verkohlte Bäume stehen lassen, Flächen mulchen, mit eigenem Saatgut arbeiten. Das war der Startschuss für unser Forschungsprojekt "Pyrophob".
Für das Projekt haben sich insgesamt acht Institutionen verschiedener Disziplinen zusammengeschlossen. Im Abschlussbericht heißt es, die Institutionen hätten Forschungsergebnisse teilweise unterschiedlich interpretiert.
Bei den Kernpunkten waren wir uns einig: Bodenbearbeitung ist nicht gut, radikales Entfernen von Totholz auch nicht. Natürlich gibt es unterschiedliche Perspektiven etwa auf das Thema Totholz: Wildnisschutz denkt in Jahrhunderten, andere fragen sich etwa, ob Totholz nicht eine Brandlast sein könnte. Aber alle sagen: Nach einem Brand erst einmal einige Jahre beobachten, was natürlich nachkommt. Das wird das Stabilste sein. Das nennt man Resilienz: Vielfalt macht Wälder widerstandsfähiger.

Warum ist Totholz so wichtig?
Es speichert Feuchtigkeit, bremst Wind, spendet Schatten – sie haben geringere Verdunstung auf diesen Flächen und das schützt Keimlinge. Auf kahlen Flächen entstehen im Sommer bis zu 50 Grad, da vertrocknen die neugepflanzten Kiefernsämlinge. Totholz hilft, dass sich etwa Pappeln und Birken ansiedeln – Pionierpflanzen, die einen stabileren, natürlichen Vorwald bilden. Auch jemand, der ein Wirtschaftswald hat, sollte erst mal schauen, was von selbst kommt. Und dann entscheiden, was man vielleicht dazwischensetzt.
Was hat "Pyrophob" insgesamt ergeben: Gibt es die eine beste Strategie?
Es gibt die eine Erkenntnis: Monokulturen haben keine Zukunft. Wir brauchen Mischwälder, mit viel mehr Laubbäumen. Laub brennt schwerer als Nadelholz. Jeder, der mal Grünabfälle verbrannt hat, weiß, wie schwer das brennt – im Gegensatz zu nadelreichen Weihnachtsbäumen.
Wie gefährlich sind Kiefernwälder konkret?
2019 hatten wir in Jüterbog ein Vollfeuer: Flammen vom Boden bis zur Krone, ein Feuersturm. Trotz breiter Brandschutzschneisen flogen brennende Äste weit. Kiefernmonokulturen sind ein Pulverfass. Sie brauchen unbedingt Mischwälder. Das dauert natürlich. Das Land Brandenburg treibt den Waldumbau auch voran. Aber das geht eben nicht von heute auf morgen.

Was ist mit dem Privatwald?
Dort kann der Staat wenig vorschreiben. Beispiel: Der neue Eigentümer in Treuenbrietzen, der den Stadtwald gekauft hat, hat wieder geräumt – trotz der bekannten Erkenntnisse. Hier müsste auch das Waldgesetz angepasst werden.
Inwiefern?
Ökosystemleistungen sollten honoriert werden: Wer nach Sturm oder Brand Flächen zunächst der Natur überlässt, sollte dafür eine Kompensation bekommen.
Was braucht es für eine hoffnungsvolle Waldzukunft?
Mehr Wildnis. Mehr Flächen, auf denen die Natur machen kann, was sie möchte und sich selbst regenerieren kann. Wir müssen lernen, Geduld zu haben. Schnelle Lösungen gibt es nicht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Mit Antje Bischoff sprach Jessica Wiener für rbb24 Inforadio.
Sendung: rbb24 Inforadio, 06.05.2025, 07:15 Uhr