
Berlin Neue Berliner Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson: Geigerin, parteilos - und schon im Stoff
Als Berliner Kultursenator hatte Joe Chialo manch schillernde Idee. Als das Geld knapp wurde, warf er das Handtuch. Jetzt soll es seine bisherige Staatssekretärin richten: Sarah Wedl-Wilson. In der Kulturszene hat sie sich dialogbereit gezeigt. Von Jan Menzel und Angela Ulrich
Es ging schnell: Nur ein Wochenende brauchte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, um nach dem Rücktritt von Joe Chialo als Kultursenator die vakante Stelle in seinem Senat wieder zu besetzen. Eine Überraschung ist es nicht geworden - Sarah Wedl-Wilson war die naheliegende Lösung.
Die Staatssekretärin im Kulturressort steigt auf - und das Lob ihres Chefs klingt beinahe so, als würde Wegner nachträglich noch mal herausstreichen, woran es dem entlassenen Kultursenator Joe Chialo gefehlt hat: "Wir brauchen jemanden, der zuhört, der im Gespräch mit den Kulturschaffenden ist. Denn natürlich stehen wir nicht nur, aber auch im Kulturbereich vor großen Herausforderungen."
Sarah Wedl-Wilson, deutsch-österreichische Kulturmanagerin und ausgebildete Geigerin, soll nun anpacken. 1969 im britischen Watford geboren, leitete Wedl-Wilson unter anderem ab 2019 die Berliner Hochschule für Musik "Hans Eisler". Zuvor hatte sie mehrere Jahre in Österreich als Kulturmanagerin gearbeitet.

Wedl-Wilson leitet mit Wegner bereits jetzt Kultur-Dialog
Schon in den vergangenen Monaten war es Wedl-Wilson, die zusammen mit Wegner in den Dialog mit vielen Berliner Kultureinrichtungen gegangen ist - auf der Suche nach Wegen, um diese so gut es geht durch die anstehenden drastischen Einsparungen zu lotsen, die im Berliner Landeshaushalt vorgenommen werden. "Wir wissen, dass die großen Häuser vor Herausforderungen stehen in punkto Miete, steigende Kosten, in punkto Löhne", sagt Wedl-Wilson. "Wir wissen auch, dass die Freie Szene Haut und Knochen ist, und dass wir sie begleiten müssen durch diese Zeit."
Fairness und Transparenz verspricht die neue Kultursenatorin in diesem Prozess. Konkreter wird Wedl-Wilson nicht. Kai Wegner bekräftigt aber, "dass es das ganz klare Ziel des Regierenden Bürgermeisters und des Senats ist, keine Einrichtung zu schließen. Punkt!" Und Wegner deutet auch an, dass es vielleicht an der einen oder anderen Stellen Aufschub beim Sparen geben könnte. Etwa wenn Kultureinrichtungen Sparvorschläge liefern, die nicht sofort wirken, dafür strukturell dazu führen, dass Ausgaben sinken.

Liebeserklärung an die "Kulturmetropole Berlin"
Sarah Wedl-Wilson startet in ihr neues Amt mit einer Liebeserklärung: "Berlin ist Kulturmetropole - eine ganz großartige. Deswegen bin ich auch in diese Stadt gekommen, um ein Teil dieser Kulturmetropole zu sein, und es ist eine ganz große Freude, jetzt in diese Position eintreten zu dürfen."
Anders als ihr Vorgänger Joe Chialo (CDU) hat Sarah Wedl-Wilson kein Parteibuch. Für den Regierenden Bürgermeister ist das kein Problem: "Mir ist bewusst, dass Sarah Wedl-Wilson kein CDU-Mitglied ist", sagt Wegner. Ihm ginge es nicht um Parteibücher, beim Aufsteller seiner Senatorenriege, "sondern um Kompetenz". Und die bringe Wedl-Wilson mit.
Auch der Landesmusikrat hofft auf einen Neuanfang: "Wir wissen, dass Sarah Wedl-Wilson für die Kultur kämpfen wird", sagt dessen Generalsekretärin Franziska Stoff, "und dabei sind wir an ihrer Seite." Auch Oliver Reese vom Berliner Ensemble hat vor allem lobende Worte für die künftige Kultursenatorin. Wedl-Wilson zu benennen sei "zwar keine originelle Idee, aber eine gute Idee", sagt der Theatermanager. "Sie hat Leidenschaft für die Kulturszene und das Vertrauen des Regierenden Bürgermeisters, und weiß, wie man mit wem in der Politik reden muss".

"Kahlschlag in der Kultur beenden"
Die mitregierende SPD begrüßt, dass mit der parteilosen Wedl-Wilson eine Expertin die Leitung der Kulturverwaltung übernehme. Die Grünen mahnen, die neue Kultursenatorin müsse nun "Haltung und Durchsetzungskraft" beweisen. Gleichzeitig kritisiert die größte Oppositionspartei, dass der Regierende Bürgermeister das Amt nicht selbst übernommen habe. Die Linke im Abgeordnetenhaus fordert von Wedl-Wilson, "den Kahlschlag in der Kultur zu beenden", daran werde sie gemessen.
Die Gewerkschaft Verdi sieht vor allem Aufräumarbeiten auf die Neue im Amt zu kommen. Die Kulturlandschaft brenne lichterloh, heißt es. Mit dem Personalwechsel müsse daher auch ein Politikwechsel einhergehen.
Sarah Wedl-Wilson soll am 22. Mai in der nächsten regulären Sitzung des Abgeordnetenhauses vereidigt werden und dann ihr Amt antreten.
Sendung: Radio3, 05.05.2025, 17:30 Uhr