
Gewerkschaft der Polizei Grenzkontrollen "nur noch einige Wochen" machbar
Die verschärften Grenzkontrollen der Bundesregierung lassen sich laut der Polizeigewerkschaft GdP nicht auf Dauer durchhalten. Die Union zeigt sich zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen - doch Kritik kommt auch vom Koalitionspartner SPD.
Die verschärften Kontrollen an den deutschen Grenzen und Zurückweisungen von Asylsuchenden sind nach Ansicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nicht lange durchzuhalten. "Das schaffen wir nur, weil Dienstpläne umgestellt wurden, die Fortbildungen der Einheiten aktuell auf Eis liegen und derzeit der Abbau von Überstunden gestoppt ist", sagte der Vorsitzende der Bundespolizei in der GdP, Andreas Roßkopf, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Klar ist: Die intensiven Kontrollen kann die Polizei nur noch einige Wochen aufrechterhalten." Weit über 1.000 Bereitschaftspolizisten seien seit Tagen im Grenzraum im Einsatz. Roßkopf stellte zugleich klar, dass die Polizeigewerkschaft hinter dem Bemühen der Politik stehe, die "irreguläre Migration nach Deutschland auch mit Grenzkontrollen durch die Bundespolizei zu reduzieren".
Zurückweisungen gestiegen
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hatte wenige Stunden nach seinem Amtsantritt eine Intensivierung der Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete der CSU-Politiker an, dass auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können - dies sieht der Koalitionsvertrag von Union und SPD vor, und zwar "in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn". Binnen einer Woche stieg dem Minister zufolge die Zahl der Zurückweisungen um fast die Hälfte.
SPD sieht Risiko für europäische Zusammenarbeit
Für den SPD-Innenexperten Lars Castellucci birgt der deutsche Weg jedoch auch Gefahren. "Mit verschärften Grenzkontrollen und unabgestimmten Zurückweisungen auch von Asylsuchenden gehen wir allerdings ein Risiko ein, dass unsere europäischen Nachbarn den gemeinsamen Kurs der Asylreform in Europa verlassen und auf nationale Maßnahmen setzen", sagte Castellucci den Funke-Zeitungen. In der Migration könne Deutschland aber "nur gemeinsam mit unseren Nachbarn erfolgreich sein".
Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, sagte gestern, die Grenzkontrollen kämen in Brüssel "ganz, ganz schlecht" an. Die bisherigen Erfolge der Maßnahmen nannte die SPD-Politikerin "sehr überschaubar". Man dürfe nicht so tun, als könne man mit den Maßnahmen bereits das Problem lösen, so Barley. "Wir erwecken eine Erwartungshaltung bei den Bürgern, die man nicht erfüllen kann." Sie sprach sich stattdessen für sogenannte Schleierfahndungen aus, bei denen die Polizei verdeckte oder anlassunabhängige Personenkontrollen durchführen kann.
Grüne sehen Polizei an Belastungsgrenze
Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic warnte vor einer sich zuspitzenden Belastung für die Bundespolizei: "Wenn das noch zwei bis drei Wochen gut geht, dann geht es lange gut", so Mihalic bei RTL/ntv. Die Grünen-Politikerin verwies auf Zwölf-Stunden-Dienste und gestrichene Fortbildungen für die Beamtinnen und Beamten. Diese seien bereits an der Belastungsgrenze angelangt.
Union verteidigt schärfere Kontrollen
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, wies Kritik an den Maßnahmen zurück und sagte, die Grenzkontrollen zeigten bereits Wirkung. "Deutschland ist nicht mehr der Magnet für Migration in Europa. Ein solches Signal einer restriktiveren Migrationspolitik in Deutschland haben sich unsere europäischen Nachbarn seit vielen Jahren erhofft", sagte der CDU-Politiker den Funke-Zeitungen. Die Zusammenarbeit an der Grenze funktioniere "weitestgehend reibungslos".
Auch Innenminister Dobrindt und CSU-Chef Markus Söder hatten die Maßnahmen in der vergangenen Woche verteidigt. Der bayerische Ministerpräsident etwa sagte, er gehe davon aus, dass Deutschlands Nachbarn das Vorgehen "am Ende akzeptieren" würden - trotz Bedenken daran, die deutschen Regeln könnten EU-Recht brechen.
Die Bundespolizei bezeichnet die irregulären Einreisen als "unerlaubte Einreisen". Manchmal werden irreguläre Einreisen auch als "illegale Einreisen" bezeichnet. Auch von "irregulärer Migration" ist in der politischen Debatte oft die Rede. Gemeint sind damit immer undokumentierte Grenzübertritte und der unrechtmäßige Aufenthalt in Deutschland. Bei Personen, die unmittelbar nach der unerlaubten Einreise um Asyl ersuchen, wird das Verfahren jedoch so lange ausgesetzt, bis das Asylverfahren abgeschlossen ist.
Flüchtlingsorganisationen und Migrationsforscher weisen daraufhin, dass Migration an sich gegen kein Gesetz verstößt, also nicht "illegal" ist.