
Weiße Farmer in Südafrika Warum Trumps "Genozid"-Vorwürfe haltlos sind
Bei einem Treffen mit Südafrikas Präsident behauptete US-Präsident Trump, in Südafrika würden systematisch weiße Farmer ermordet - und führte zum angeblichen Beweis Videos vor. Doch seine Behauptungen sind falsch.
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa war zu Gast bei seinem US-amerikanischen Amtskollegen Donald Trump im Weißen Haus - und zunächst schien das Treffen, bei dem auch Journalisten anwesend waren, harmonisch zu verlaufen. Doch mit der Frage einer Journalistin zu einem angeblichen Völkermord gegen weiße Farmer in Südafrika änderte sich die Atmosphäre schlagartig.
Was sei nötig, um Trump davon zu überzeugen, dass es keinen Genozid gegen weiße Farmer gebe, wollte die Journalistin wissen. Zunächst beantwortete Ramaphosa die Frage wie folgt: Präsident Trump solle die Stimmen der Südafrikaner selbst hören. Dann war Trump an der Reihe: "Dimmen Sie das Licht und schalten Sie das hier ein", weist Trump seine Mitarbeiter an - und lässt dann ein Video im Saal abspielen.
Video als angeblicher Beleg für Mord an weißen Farmern
Inhalt des Videos: eine Art Schnittmontage mit verschiedenen Szenen. Unter anderem sind darin Gesänge zu hören, mit denen zur Ermordung weißer Farmer aufgerufen wird. Eine weitere Szene zeigt eine Reihe weißer Kreuze neben einer Landstraße. Laut Trump sollen dort mehr als Tausend Leichen ermordeter weißer Farmer bestattet sein.
Noch während das Video läuft, fragt Ramaphosa, ob man Trump gesagt habe, wo diese Gräber sein sollen. Trump verneint das, wiederholt aber seine Behauptung, in Südafrika würden systematisch weiße Farmer ermordet - und zeigt als angeblich weiteren Beleg einen Stapel Papier, offenbar unter anderem Meldungen, die entsprechende Morde dokumentieren sollen.
Allerdings handelt es sich bei den Kreuzen nicht, wie von Trump behauptet, um die Grabstätten von mehr als Tausend ermordeter Farmer. Vielmehr handelt es sich nach Informationen der New York Times um eine Protestaktion nahe der südafrikanischen Stadt Newcastle aus dem Jahr 2020. Mit den Kreuzen sollte gegen die Ermordung zweier weißer Farmer im August des gleichen Jahres protestiert werden.
Statistik belegt Behauptung von Genozid nicht
Unstrittig ist, dass die Kriminalität in Südafrika im weltweiten Vergleich sehr hoch ist. Laut der Nachrichtenagentur Reuters werden im Durchschnitt pro Tag 72 Menschen in Südafrika Opfer eines Mordes, die meisten Opfer seien schwarz. Eine aktuelle Kriminalstatistik führt vom Zeitraum zwischen April und Dezember 2024 19.696 Morde auf - allerdings gibt es in nur 36 Fällen überhaupt eine Verbindung zu Farmen beziehungsweise kleineren landwirtschaftlichen Betrieben, wie CNN berichtet - das entspricht umgerechnet 0,2 Prozent aller in der Statistik erfassten Fälle.
Von diesen 36 Opfern in Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Betrieben waren laut CNN wiederum nur sieben selber Farmer. Bei den anderen 29 Opfern soll es sich um Angestellte handeln. Diese sind laut CNN meistens eher schwarz.
Laut Definition der Vereinten Nationen bezeichnet Genozid oder Völkermord Aktionen, mit denen nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppen in Teilen oder Gänze zerstört werden sollen, etwa durch gezielte Morde. Belege dafür, dass diese Definition erfüllt wird, liefern allerdings weder Trump noch die Kriminalstatistik. Auch ARD-Südafrika-Korrespondent Richard Klug sagt im Gespräch mit tagesschau24: "Es gibt in Südafrika keinen Völkermord. Es ist schlichtweg falsch, was Donald Trump da behauptet."
Genozid-Behauptung kursiert seit Ende der Apartheid
Die Behauptung, weiße Farmer würden in Südafrika gezielt verfolgt und ermordet, wird seit dem Ende des Apartheid-Regimes 1994 von einigen weißen Südafrikanern verbreitet und ist immer wieder Thema in Online-Diskussionen.
Auch Elon Musk, der bis vor Kurzem Berater von Trumps Regierung war, hatte auf seiner Plattform X wiederholt Thesen von systematischen Rassismus und Gewalt gegen weiße Südafrikaner geteilt. Musk wurde in Südafrika geboren und ist dort aufgewachsen. Auch den Videoausschnitt, der angeblich die Grabstätten ermordeter weißer Farmer zeigen soll und der von Trump beim Besuch von Ramaphosa vorgeführt wurde, hatte Musk verbreitet.
Auch die künstliche Intelligenz von X namens Grok hatte diesen Monat für Aufsehen gesorgt, da sie offenbar in Chat-Konversationen auch ohne inhaltlichen Zusammenhang zu Südafrika von sich aus einen angeblichen "weißen Völkermord" in dem Land thematisierte, wie die New York Times berichtet.
Elon Musks Unternehmen für künstliche Intelligenz, xAI, teilte später mit, eine "unbefugte Änderung" eines Mitarbeiters am Code habe dazu geführt, dass der Chatbot in unzusammenhängenden Gesprächen wiederholt die südafrikanische Politik ansprach und fälschlicherweise behauptete, das Land betreibe einen "Völkermord" an weißen Bürgern.
Präsident Ramaphosa verweist auf freie Meinungsäußerung
Die in dem Video mehrfach gezeigten Gesänge, die zur Ermordung weißer Farmer aufrufen ("Kill the Boer, kill the farmer") stammen noch aus der Zeit der Apartheid, die durch die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit durch eine weiße Minderheit geprägt war. Auch der linksradikale Oppositionspolitiker Julius Mamela von den "Economic Freedom Fighters" (EFF) ist mit entsprechenden Forderungen in dem Video zu sehen.
Wie die Deutsche Welle berichtet, besaßen aufgrund rassistischer Landgesetze des Apartheid-Regimes noch 1994 Weiße 87 Prozent des Landes. Laut eines Berichtes der südafrikanischen Regierung aus dem Jahr 2018 sind knapp ein Drittel des Landes (37 Millionen Hektar) in Privatbesitz - davon 72 Prozent in weißer Hand.
Südafrikas Präsident Ramaphosa distanzierte sich direkt nach der Videovorführung von den genannten Äußerungen. "Bei diesen Ansprachen handelt es sich nicht um Regierungspolitik", so Ramaphosa. "Wir haben eine Mehr-Parteien-Demokratie in Südafrika, die es den Menschen zugesteht, ihre Meinung zu äußern."
Von der südafrikanischen Regierung kam bereits öfter Kritik an dem ehemaligen Anti-Apartheid-Song. Es gebe heute keine Rechtfertigung mehr, "Kill the Boer" zu singen, sagte im vergangenen Monat etwa Fikile Mbalula, der Generalsekretär des Afrikanischen Nationalkongress ANC.
Auch Willie Aucamp, der Sprecher der zweitgrößten Partei des Landes, der Demokratischen Allianz, hatte das Lied als vollkommen inakzeptabel bezeichnet: "Dieser Song ruft zu Gewalt auf, er spaltet das Land." Politiker wie Malema müssten dafür zur Rechenschaft gezogen werden. "Bauern spielen in unserem Land eine wichtige Rolle. Die politische Führung muss sich für Frieden einsetzen, nicht für Spaltung."
Asyl für angeblich verfolgte weiße Farmer in den USA
Dessen ungeachtet hatte Trumps Regierung vor Kurzem einer Gruppe weißer Südafrikaner Aysl in den USA gewährt. Trumps Begründung: Die weiße Minderheit in Südafrika würde gezielt diskriminiert. Weiße Bauern müssten um ihr Leben fürchten. Trump-Sprecherin Karoline Leavitt sagte zuletzt in Washington, diese Bevölkerungsgruppe werde rassistisch verfolgt.
An der Aufnahme hatte es scharfe Kritik aus Südafrika gegeben. Die Regierung sprach von einer Desinformationskampagne. Die Aufnahme sei vollkommen politisch motiviert und konstruiert, um den demokratischen Rechtsstaat Südafrika in Frage zu stellen.
An der Aufnahme der Südafrikaner hatte es auch innerhalb der USA Kritik gegeben, da die strikte Migrationspolitik von Trump ansonsten kaum noch Asylsuchende ins Land lässt, darunter auch Menschen aus Bürgerkriegsländern.
Gesetz der Landreform bisher nicht angewandt
Die Trump-Regierung verweist in ihrer Begründung für die Aufnahme auch auf die südafrikanische Landreform. Ein entsprechendes Gesetz ist seit Jahresanfang in Kraft und sieht vor, dass die Regierung unter bestimmten Umständen keine Entschädigung leisten muss für Eigentum, das im öffentlichen Interesse enteignet werden soll. Mit dem Gesetz soll die ungleiche Landverteilung aus der Zeit des Apartheid-Regimes korrigiert werden.
Allerdings kam dieses Gesetz bisher nicht zur Anwendung, erklärt ARD-Südafrika-Korrespondent Klug bei tagesschau24: "Es gibt keinen einzigen weißen südafrikanischen Farmer, der bis jetzt enteignet wurde. Das Gesetz ist da, es könnte angewandt werden, aber es wird nicht angewandt."