Ein Mann trägt einen Sack Mehl.

Bundesregierung zu Gaza-Hilfen "Zu wenig, zu spät und zu langsam"

Stand: 23.05.2025 16:12 Uhr

107 Lastwagen mit Hilfsgütern hat Israel an einem Tag in den Gazastreifen fahren lassen. Aus Sicht der UN und von Hilfsorganisationen ist das viel zu wenig. Auch die Bundesregierung positionierte sich deutlich.

Im Gazastreifen läuft die Hilfe für die Menschen nach Ansicht vieler Beobachter nur schleppend an. Gestern erreichten nach israelischen Angaben 107 Lastwagen den Küstenstreifen. Sie transportierten demnach Hilfsgüter wie Mehl, andere Lebensmittel, medizinische Ausrüstung und Medikamente.

Aus Sicht der Bundesregierung ist der Umfang der Hilfen viel zu klein. "Das ist deutlich zu wenig, zu spät und zu langsam", sagte ein Sprecher. Es sei nun geboten, die Hilfe deutlich zu steigern und sicherzustellen, dass die Güter die Menschen erreichen und das Leid im Gazastreifen ein Ende finde.

Die Hilfslieferungen stammen nach Angaben der zuständigen israelischen Behörde Cogat von den Vereinten Nationen (UN) und der internationalen Gemeinschaft. Seit Anfang März hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr nach Gaza erlaubt. Das Land wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter weiterzuverkaufen, um ihre Mitglieder und Waffen zu finanzieren. Seit Montag werden wieder Hilfslieferungen durchgelassen.

Doch auch Helfer beklagen, dass die bislang angekommenen Mengen bei Weitem nicht ausreichten, um die große Not der Menschen vor Ort zu lindern. Die UN und Hilfsorganisationen warnen vor einer Hungersnot.

UN: Pro Tag bräuchte es 500 Lkw mit Hilfsgütern

Zudem gibt es Schwierigkeiten bei der Verteilung der Hilfen. "Wegen der Unsicherheit, der Gefahr von Plünderungen, der Verzögerungen bei der Koordinierung von Genehmigungen und der von den israelischen Streitkräften bereitgestellten ungeeigneten Routen, die für die Beförderung von Gütern nicht geeignet sind, bestehen nach wie vor erhebliche Probleme bei der Verladung und Versendung von Waren", teilte das UN-Nothilfebüro OCHA mit.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wären täglich rund 500 Lastwagenladungen nötig, um die Versorgung der rund zwei Millionen Palästinenser in dem abgeriegelten Küstengebiet zu garantieren.

Zudem erschweren Plünderungen die Koordination der Hilfe. 15 seiner Lastwagen seien auf dem Weg zu Bäckereien im Süden des Küstengebietes gestoppt und ausgeräumt worden, teilte das Welternährungsprogramm WFP mit. Hunger und Bedenken, ob Hilfsgüter überhaupt ankommen, hätten die Menschen in Unsicherheit und Verzweiflung gestürzt. Israel solle größere Mengen an Lebensmitteln schneller durchlassen, fordert das WFP.

Gesamte Bevölkerung ist auf Hilfe angewiesen

Hilfsorganisationen fordern uneingeschränkten Zugang zu den Menschen im Gazastreifen. Das katholische Hilfswerk Caritas international teilte mit, den Menschen in dem schmalen Küstenstreifen fehle es an allem. "Ein Großteil der Kinder dort hungert, zwei Millionen Menschen und damit die gesamte Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen", schrieb Leiter Oliver Müller in einem Gastbeitrag für "Die Tagespost".

Die Lager für Lebensmittel seien leer, so Müller. "Suppenküchen und Bäckereien mussten schließen, das Wenige, das es auf dem Schwarzmarkt zu kaufen gibt, ist unbezahlbar - bis zu 500 US-Dollar für einen Sack Mehl." Die nun verkündete zeitlich begrenzte Zulassung von Hilfslieferungen sei völlig unzureichend.

Die von den USA und Israel beschlossene Methode, Hilfe für Gaza ausschließlich über einen durch das israelische Militär kontrollierten Mechanismus zu koordinieren, könne weder gewährleisten, "dass Menschen in Not ausreichend versorgt werden, noch entspricht der Verteilungsmechanismus den im Völkerrecht vorgeschriebenen humanitären Prinzipien von Menschlichkeit, Neutralität und Unparteilichkeit", sagte Müller.

"Es zerreißt mir das Herz"

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen warf der israelischen Regierung eine kollektive Bestrafung der Bevölkerung im Gazastreifen vor. Die EU, darunter auch Deutschland, müssten viel mehr Druck auf die israelischen Behörden ausüben, sagte Nothilfekoordinator Franz Luef im Deutschlandfunk nach sieben Wochen Einsatz vor Ort. Israel sei als Besatzungsmacht dazu verpflichtet, die Grundversorgung der Menschen sicherzustellen.

Luef beschrieb Situationen, in denen die Helfer hungernde Mütter mit Kindern abweisen mussten, weil die verfügbaren Vorräte nicht ausreichten: "Es zerreißt mir das Herz", sagte er. "Das sind unmögliche Entscheidungen, die unser Team tagein, tagaus treffen muss." Es mache wütend, "dass es uns nicht erlaubt ist, hier unsere Arbeit machen zu können und dass die internationale Gemeinschaft hier zusieht".

Neue Angriffe, viele Tote

Unterdessen gehen die Angriffe des israelischen Militärs unvermindert weiter. Seit der Nacht wurden palästinensischen Angaben zufolge 33 Menschen bei Angriffen getötet. Viele Menschen seien verletzt worden.