
Klingbeil kritisiert Israel "Die Messlatte ist das Völkerrecht"
Mit deutlichen Worten hat Vizekanzler Klingbeil Israel aufgerufen, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen. Angesichts einer drohenden Hungerkatastrophe sei es richtig, den Druck zu erhöhen.
Vizekanzler Lars Klingbeil hat Israel aufgefordert, sich angesichts der Lage im Gazastreifen an das Völkerrecht zu halten.
Klar sei, dass die aktuelle Eskalationsspirale im Nahostkonflikt ihren Ursprung im 7. Oktober 2023 habe, als die Hamas Israel angegriffen hatte. "Deswegen hat Israel das Recht auf Selbstverteidigung. Nur: Die Messlatte ist das Völkerrecht", sagte der SPD-Chef im Gespräch mit den tagesthemen.
Angesichts der drohenden Hungerkatastrophe sei es richtig, dass Deutschland und andere Staaten den Druck auf Israel erhöhen. Humanitäre Hilfe müsse gewährleistet werden.
Klingbeil betonte, dass er von Israel erwarte, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen. "Da müssen wir deutlich sein und klarmachen, dass es eine Erwartung an die israelische Regierung gibt, dass die humanitäre Hilfe zugelassen wird, dass sie ermöglicht wird, dass das Leid der Zivilbevölkerung - gerade auch von Kindern im Gazastreifen - beendet wird", sagte Klingbeil.
"Unter Freunden muss man das offene Wort suchen"
Dass Deutschland diese Position klarmache, ändere nichts am Verhältnis zu Israel. "Das ändert nichts daran, dass wir solidarisch zum Staat Israel stehen und dass wir als Deutschland eine ganz besondere Verantwortung haben aufgrund unserer Geschichte", so Klingbeil. "Aber ich finde - gerade unter Freunden - muss man auch das offene Wort suchen, wenn es zu einer solchen Situation kommt."
Zugleich wies Klingbeil den Vorwurf Israels zurück, europäische Länder trügen eine Mitschuld an den tödlichen Schüssen auf zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington. "Das ist kein berechtigter Vorwurf", sagte der SPD-Politiker.
Es sei grausam und tragisch, was gestern in Washington passiert sei. Alles deute auf einen antisemitischen Anschlag hin. "Es ist eine Verpflichtung, die wir in Deutschland haben, dass jüdisches Leben geschützt wird und dass wir auch immer wieder überprüfen, was wir noch mehr machen können", erklärte er.
Schutz jüdischen Lebens und Hilfe für Gaza
Beides - der Schutz jüdischen Lebens und die Unterstützung für die Menschen in Gaza - könne nebeneinander existieren. "Ich finde, wir müssen aufpassen in der politischen Diskussion, dass wir beides nicht miteinander vermengen."
Am Rande des G7-Gipfels in Kanada äußerte sich Klingbeil auch zu den Ukraine-Hilfen. Die Unterstützung solle international fortgeführt werden, sagte Klingbeil. "Das bedeutet, dass alle auch weiter finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Gleichzeitig ist klar geworden, dass alle nochmal den Druck auf Putin erhöhen wollen." Ziel sei, dass es zu einer Waffenruhe kommt und dass "das Leid der Menschen in der Ukraine beendet wird".
Sollte der russische Präsident nicht einlenken, werde es weiterhin politischen Druck und Sanktionen geben, so die einhellige Meinung auf dem Treffen der G7-Finanzminister, sagte Klingbeil.