
Anleihemarkt in Aufruhr Was bedeutet die Rating-Herabstufung der USA?
Kurzzeitig haben die Finanzmärkte heftig auf die Herabstufung der USA reagiert. Auch wenn sich die Lage wieder beruhigen dürfte: Das Misstrauen gegenüber den USA ist weiter gestiegen.
Moody's hatte sich viel mehr Zeit gelassen als ihre Konkurrenten: Standard & Poor's hatte den USA seine Bestnote schon 2011 entzogen, Fitch folgte 2023. Am Freitagabend nun stufte Moody's als letzte der drei großen Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten von "AAA" auf "AA1" herab.
Die New Yorker Agentur begründete den Schritt damit, dass sich die Finanzlage der USA im Vergleich zu früheren Zeiten und zu anderen hochbewerteten Staaten voraussichtlich weiter verschlechtern werde. Man erkenne zwar an, dass die USA wirtschaftlich und finanziell stark seien - aber dies gleiche nicht mehr ganz den Rückschritt bei den Staatsfinanzen aus.
Am Sonntagabend hatte ein Kongressauschuss grünes Licht für die Steuersenkungspläne von Präsident Donald Trump gegeben. Laut Expertenschätzungen könnte dies die US-Schulden, die derzeit bei knapp 37 Billionen Dollar liegen, in den nächsten zehn Jahren um weitere drei bis fünf Billionen erhöhen.
Anleihemarkt in Aufruhr
Die Finanzmärkte reagierten heftig. Während der Dollar und die New Yorker Börsen am Montag zunächst deutlich unter Druck gerieten, brachen die Kurse für 30-jährige US-Staatsanleihen ein, womit ihre Rendite auf bis zu 5,037 Prozent schnellte. Das ist der höchste Stand seit November 2023, also noch etwas mehr als das Niveau infolge des "Zoll-Schocks" von Anfang April.
Sollte es bei diesen Niveaus bleiben, steigen die Finanzierungskosten der USA. Bei der unweigerlich anstehenden neuen Schuldenaufnahme muss der Staat den Investoren mehr als zuvor bieten, um Kapital am Anleihemarkt aufzunehmen. Vor dem "Zoll-Schock" hatten die 30-jährigen Anleihen den Investoren zeitweise noch weniger als 4,4 Prozent Rendite gebracht.
Weiterhin gute Noten für US-Schulden
Dabei ist zu betonen, dass die Bonität der Vereinigten Staaten weiterhin sehr positiv eingeschätzt wird. Auch die Note AA1 bescheinigt den Schulden der USA eine hohe Qualität und ein sehr niedriges Ausfallrisiko. "Mit AA1 liegt das US-Rating von Moody's nun gleichauf mit dem von Finnland und Österreich und unter dem von Ländern wie Deutschland, Australien, Kanada oder der Schweiz", erklärt Benoit Anne, Anleiheexperte bei MFS Investment Management.
Viele Experten hatten zudem bereits erwartet, dass angesichts der jüngsten Verwerfungen nun auch Moody's nachziehen wird. Sie erwarten denn auch, dass sich die Anleihemärkte wieder etwas beruhigen dürften.
Je schlechter sie die Bonität eines Marktteilnehmers beurteilen, umso teurer und schwieriger wird es für diesen, sich Geld zu besorgen. Am Rating orientieren sich nicht nur Banken, sondern zum Beispiel auch institutionelle Investoren.
Für ihre Einstufungen verwenden die Agenturen Buchstabencodes. Die Skala beginnt beispielsweise bei Standard & Poor's und Fitch mit der Bestnote AAA. Es folgen AA, A, BBB, BB, B, CCC, CC, C. Die meisten Stufen können mit Plus- und Minuszeichen noch feiner unterteilt werden. Ab BB+ beginnt der spekulative Bereich, der auch "Ramsch" genannt wird. D bedeutet, dass ein Ausfall des Schuldners eingetreten ist.
Kritiker bemängeln, es bleibe oft unklar, welcher Anteil der Ratings Mathematik und welcher Meinung ist. In der Finanzkrise wurden Ratingagenturen kritisiert: Weil sie Ramschpapiere als sichere Geldanlage anpriesen, wurde ihnen eine Mitschuld an der Krise gegeben.
Vertrauen in die USA nachhaltig erschüttert
Dennoch verweisen viele Beobachter darauf, dass das Vertrauen der Finanzmärkte durch die jüngsten Verwerfungen nachhaltig erschüttert ist. Die Nachricht sei ein weiteres Puzzle-Teil in einem eh schon angeknacksten Vertrauensbild in die US-Administration, sagt etwa Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets.
"Der langjährige 'US-Ausnahmebonus', der auf einer starken Verbrauchernachfrage, einem dynamischen Arbeitsmarkt und einer unterstützenden Fiskalpolitik beruhte, wird neu bewertet", erklärt Blerina Oruci, Ökonomin für die USA bei T. Rowe Price.
Finanzmärkte anfälliger für Schocks
Schon zuvor hatte das Misstrauen der Finanzmärkte in die Stabilität und Verlässlichkeit der USA angesichts der erratischen Politik aus Washington kaum gekannte Höhen erreicht. "Heute kann der US-Staatsanleihe-Markt bei einem Schock nicht mehr so stabil reagieren wie früher", fasst Benoit Anne die Lage zusammen.
Dabei dürfte sich die Lage durchaus wieder entspannen, wenn aus den USA wieder stabilere Wirtschaftsdaten kommen. Investoren sollten aber darauf gefasst sein, dass die Finanzmärkte künftig viel empfindlicher auf neue Störungen aus den USA reagieren werden als früher.