
Abstürze der 737 MAX US-Regierung erwägt neuen Deal mit Boeing
Die US-Regierung arbeitet an einem Deal mit Boeing, der dem Flugzeugbauer einen Prozess wegen der beiden Abstürze der 737 MAX ersparen würde. Vertreter von Opferfamilien wollen gegen eine Vereinbarung vorgehen.
Die US-Regierung erwägt, Boeing mit einer neuen Vereinbarung einen Prozess zu den zwei tödlichen Abstürzen von Flugzeugen des Typs 737 MAX zu ersparen. Es sei aber noch keine Entscheidung dazu getroffen worden, teilte das Justizministerium in Gerichtsunterlagen mit. Es werde die Entscheidung erst nach Beendigung der Beratung mit den Familien treffen. Der Deal würde eine mögliche gerichtliche Verurteilung des Flugzeugbauers verhindern. Am 23. Juni soll die Gerichtsverhandlung beginnen.
Die Regierung hatte die Angehörigen der Absturzopfer dem Gerichtsdokument zufolge am vergangenen Freitag über die neuen Gespräche mit Boeing informiert. Vertreter von Opferfamilien sind gegen eine Einigung. Bei dem Treffen hätten sie Widerstand gegen eine Absage des Prozesses angekündigt, hieß es.
Boeing verstieß gegen Auflagen
Bei zwei Unglücken mit Boeing-Maschinen dieses Typs im Oktober 2018 und März 2019 waren 346 Menschen ums Leben gekommen. Zentraler Auslöser war eine Assistenzsoftware, die die Piloten unterstützen sollte, aber unter bestimmten Umständen zu stark in die Steuerung eingriff. Mitarbeiter des Flugzeugbauers hatten bei der Zertifizierung des Typs durch US-Behörden spezielle Schulungen für die Software für unnötig erklärt.
Der Konzern vermied seinerzeit eine Strafverfolgung unter anderem mit dem Versprechen, Maßnahmen gegen Betrug und ein Ethik-Programm umzusetzen. Auch zahlte der Konzern eine Strafe von 243,6 Millionen Dollar.
Es folgte ein weiterer Zwischenfall im Januar 2024, bei dem im Steigflug ein Rumpffragment einer so gut wie neuen Boeing herausbrach. Dank der Fähigkeiten der Piloten und glücklicher Umstände wurde niemand ernsthaft verletzt. Das Justizministerium kam danach jedoch zu dem Schluss, dass Boeing gegen Auflagen aus der Vereinbarung zu den beiden MAX-Abstürzen verstoßen hatte und nahm das Strafverfahren wieder auf.
"Deal ist ein Rückschritt"
Im Juli 2024 bekannte sich Boeing daraufhin schuldig, die US-Regierung bei der Zertifizierung von Flugzeugen betrogen zu haben. Das ermöglichte eine neue Einigung, die unter anderem eine neue Millionenstrafe sowie einen Aufpasser des Justizministeriums für den Konzern vorsah. Familien von Opfern der Abstürze kritisierten den Deal heftig und forderten Milliardenstrafen sowie andere Konsequenzen für Boeing. Der zuständige Richter in Texas hatte die neue Vereinbarung jedoch abgelehnt.
Nach Angabe des Justizministeriums soll Boeing jetzt aufgefordert werden, zusätzliche 444,5 Millionen US-Dollar in einen Fonds für Absturzopfer einzuzahlen, der gleichmäßig pro Absturzopfer aufgeteilt werde, sagten die Anwälte der Familien. Im Jahr 2021 hatte Boeing bereits 500 Millionen US-Dollar gezahlt.
"Der neue Deal ist ein Rückschritt gegenüber dem letzten Sommer, als Boeing sich schuldig bekennen wollte", stellte Paul Cassell fest, einer der Opferanwälte. "Nach der neuen Regelung bekennen sie sich nicht schuldig."