
Löhne in Deutschland Wie entscheidet die Mindestlohnkommission?
Die Entscheidung der Mindestlohnkommission über die nächste Anpassung steht kurz bevor. Wer sitzt in dem Gremium, das diese weitreichende Entscheidung trifft? Wer oder was beeinflusst sie?
In Deutschland wird den Arbeitgebern per Gesetz vorgeschrieben, wie viel sie ihren Beschäftigten in der Stunde mindestens zahlen müssen. Das war umstritten, als der erste Mindestlohn 2015 eingeführt wurde - damals mit 8,50 Euro in der Stunde. Inzwischen wird über das Ob nur wenig diskutiert, aber über die Höhe.
Klar ist, dass die Untergrenze nicht einfach zementiert werden darf. Steigen die Einkommen, soll auch der Mindestlohn im Nachhinein angehoben werden. Doch die Bundesregierung hat da ein Problem. Das Grundgesetz schreibt die sogenannte Tarifautonomie vor. Arbeitgeber und Gewerkschaften entscheiden über die Einkommen - der Staat muss sich heraushalten. Das Dilemma soll die Mindestlohnkommission aufheben.
Acht Männer und Frauen beraten
Drei Mitglieder schicken die Gewerkschaften, drei die Arbeitgeberverbände. Zwei Wissenschaftler ohne Stimmrecht beraten sie. Und es gibt einen Mann oder eine Frau an der Spitze der Mindestlohnkommission. Zurzeit ist das Christiane Schönefeld. Ihre Stimme entscheidet beim Patt.
Die Mindestlohnkommission wird Ende der Woche ihren Beschluss zur Höhe der gesetzlichen Lohnuntergrenze bekannt geben. Die Bundespressekonferenz kündigte für Freitagmittag einen Termin mit Vertretern des Gremiums von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an.
Das Ergebnis muss dann per Verordnung von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas umgesetzt werden. Entschieden wird immer für die nächsten zwei Jahre, also 2026 und 2027.
Eine Erhöhung gilt als sicher
Es ist kein Geheimnis, dass die Diskussionen in der Kommission gerade heftig geführt werden. Der Koalitionsvertrag hat dazu beigetragen und auch der Wahlkampf. Die SPD hatte sich da eindeutig für 15 Euro in der Stunde ausgesprochen. Der Applaus der Gewerkschaften war ihr sicher. Die Union wiederum bekommt Druck von Seiten der Wirtschaft. Warnungen kamen gerade erst von den Einzelhändlern; sie fordern eine Nullrunde.
Dass die Kommission den Mindestlohn von 2026 an erhöht, ist aber so gut wie sicher. Das Gesetz gibt dafür eine Orientierung: Der Mindestlohn soll sich "nachlaufend" der Tarifentwicklung anpassen. Gerade 2023 und 2024 konnte da in etlichen Branchen ein deutliches Plus erreicht werden.
Neuer Referenzwert als Entscheidungsgrundlage
Außerdem - und das wurde neu in die Geschäftsordnung der Kommission aufgenommen - soll als Referenzwert 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten dienen. Das ist nicht der durchschnittliche Lohn, bei dem derzeit wenige, aber sehr gut Verdienende den Wert nach oben treiben; es ist der Wert in der Mitte: Die eine Hälfte verdient mehr, die andere Hälfte weniger. Die Europäische Union empfiehlt, diesen Wert heranzuziehen. Der gültige Mindestlohn kommt auf rund 53 Prozent Median.
Momentan liegt die gesetzliche Lohnuntergrenze bei 12,82 Euro in der Stunde. Immer wieder genannt werden da 15 Euro. Das wäre ein Plus von 17 Prozent zum jetzigen Mindestlohn. Das gefährde Arbeitsplätze, mischen sich die Arbeitgeberverbände in die Diskussion ein. Das schaffe Kaufkraft, kontern die Gewerkschaften. Die Diskussionen wurden jedes Mal geführt, bevor die Kommission sich traf, zum Teil auch danach.
Kündigungswelle blieb aus - bislang
Bisher zumindest hat ein angehobener Mindestlohn nicht zu einer größeren Kündigungswelle geführt. Aber so schlecht wie jetzt war es in den letzten Jahren selten um die Konjunktur bestellt. Auch Wirtschaftsforscher sind sich nicht einig über die Folgen. Und die Mindestlohnkommission? Die schweigt und bewegt die Rechenschieber.