
Tod von Margot Friedländer "Sie hat unserem Land Versöhnung geschenkt"
Tiefe Trauer nach dem Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer. Bundespräsident Steinmeier würdigt ihre tiefe Menschlichkeit. Kanzler Merz sprach von einer "der stärksten Stimmen unserer Zeit".
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Verdienste der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer gewürdigt. "Die Nachricht vom Tode Margot Friedländers erfüllt mich mit tiefer Trauer. Sie hat unserem Land Versöhnung geschenkt - trotz allem, was die Deutschen ihr als jungem Menschen angetan hatten. Für dieses Geschenk können wir nicht dankbar genug sein."
Margot Friedländer habe jeden, der ihr begegnete, mit ihrer Wärme, ihrer Zugewandtheit, ihrer ungeheuren Kraft beeindruckt, betonte Steinmeier. Ihre tiefe Menschlichkeit habe ihn im Innersten berührt. Steinmeier sagte:
Margot Friedländers Vermächtnis ist uns Mahnung und Verpflichtung, gerade in einer Zeit, in der die Demokratie angefochten wird und sich Antisemitismus wieder unverhohlen zeigt, bleibt es unsere Verantwortung, die jüdische Gemeinschaft in unserem Land nie wieder im Stich zu lassen.
Merz: "Sie hat uns ihre Geschichte anvertraut"
Margot Friedländer war heute im Alter von 103 Jahren gestorben. Die aus einer jüdischen Familie stammende und von den Nationalsozialisten verfolgte Friedländer war nach sechs Jahrzehnten als Emigrantin in New York im hohen Alter nach Deutschland zurückgekehrt. Seither engagierte sie sich unermüdlich gegen das Vergessen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bezeichnete Friedländer auf X als eine "der stärksten Stimmen unserer Zeit". Sie sei für ein friedliches Miteinander, gegen Antisemitismus und Vergessen eingetreten. "Sie hat uns ihre Geschichte anvertraut. Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, sie weiterzutragen", schrieb er. "Wir trauern mit ihrer Familie und Freunden."
Klingbeil: Friedländer hat Hoffnung geschenkt
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil würdigte Friedländer ebenfalls. "Der Tod von Margot Friedländer macht mich sehr traurig. Sie war eine Stimme, die uns immer wieder ermahnt hat, was wirklich zählt: Menschlichkeit", sagte Klingbeil der Rheinischen Post. Sie habe trotz aller Grausamkeiten, die sie selbst erleben musste, vielen Menschen Hoffnung geschenkt.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner betonte, Friedländer habe ihre Erinnerungen als einen Auftrag für die Zukunft verstanden: "'Seid Menschen!' - mit dieser schlichten aber eindringlichen Botschaft verdichtete sich ihre Lebensweisheit, gewonnen im Angesicht von Unmenschlichkeit", so Klöckner. Friedländer habe mit ihrer Offenheit und Zugewandtheit "berührt und beeindruckt".
Schuster: "Vergänglichkeit der Erinnerung"
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, würdigte Friedländer als mutige und starke Frau. "Eine Gesellschaft ohne sie ist für mich kaum vorstellbar", erklärte Schuster. Friedländer habe das Menschsein zu ihrem zentralen Anliegen gemacht. "Sie war nicht nur eine mahnende Stimme unserer Zeit, sondern besaß auch die Gabe, stets das Beste in ihrem Gegenüber zu sehen", betonte Schuster.
"Margot Friedländers Tod zeigt uns die Vergänglichkeit der Erinnerung; er verweist auf die große Verantwortung, die wir gegenüber dieser mutigen und starken Frau und ihrer ganzen Generation haben." Die Überlebende habe den Glauben an eine gerechte, friedliche Welt niemals aufgegeben. "Ehren wir sie, indem wir diesen Glauben weitertragen."

"Größer als der Preis": Igor Levit rief beim Deutschen Filmpreis zu einem Schweigemoment auf.
Levit: "Sie war ein Wunder von Mensch"
Mit emotionalen Worten gedachte Starpianist Igor Levit auf der Bühne des Deutschen Filmpreises der verstorbenen Holocaust-Zeitzeugin. "Sie war ein Wunder von Mensch", sagte Levit in Berlin und rief zu einem Schweigemoment auf. Das Publikum stand auf, einige Schauspieler hatten Tränen in den Augen.
Einige Momente seien größer als der Preis, als wir alle, sagte Levit, der eigentlich für eine Laudatio für die beste Filmmusik auf der Bühne stand, aber dann für Friedländer eine Würdigung improvisierte. Er rang dabei sichtlich um Fassung, immer wieder stockte seine Stimme. Er habe erst kurz vor seinem Auftritt vom Tod Friedländers erfahren. Sie habe immer den Appell mit sich getragen, menschlich zu sein.