
Viel Bass: Konzerte für taube Menschen auf der Kieler Woche
Ob Coldplay oder Patrice - die Konzerte vieler bekannten Musiker werden für taube und taubblinde Menschen gedolmetscht. Auch bei der Kieler Woche können Menschen mit Hörbehinderungen Events erleben. Dabei geht es um mehr als zu übersetzen.
Am Sonntagabend (22.6.) gab es eine Premiere in Kiel: Mit dem finnischen Rapper Signmark stand erstmals ein tauber Musiker auf der Rathausbühne bei der Kieler Woche. Er rappt in Gebärdensprache. Mit auf der Bühne sind Heikki Soini und Kim Eiroma - Soini rappt in Lautsprache, Eiroma ist DJ. Zusammen machen sie Hip Hop - für Hörende und Taube gleichzeitig.
So werden Konzerte in Gebärdensprache übersetzt
Konzerte wie das von Signmark sind selten - er ist der erste taube Rapper mit einem Plattenvertrag bei einem großen Label. Damit Menschen, die kaum oder gar nicht hören können, auch Musik von anderen Künstlern genießen können, helfen Gebärdensprachdolmetscher.
Meist arbeiten dabei ein hörender und ein tauber Dolmetscher als Tandem zusammen. Dabei steht der hörende Dolmetscher vor der Bühne - vergleichbar mit dem Platz des Souffleurs am Theater. Er übersetzt die Texte der Songs für den tauben Dolmetscher - der steht auf der Bühne und übersetzt ins Publikum. So war es zum Beispiel beim Konzert vom Berliner Reggae-Künstler Patrice auf der Kieler Woche 2024. In diesem Jahr soll es beim Konzert der Hamburger Hip-Hop-Crew Fünf Sterne Deluxe mit dem Philharmonischen Orchester Kiel (27.6., 20.30 Uhr, Rathausbühne) genau so sein.
Dolmetschen für taube Konzertbesucher: Es geht um mehr als die Songtexte
Für den Einsatz von zwei Dolmetschern gibt es mehrere Gründe: In Songtexten kommen viele Metaphern vor, die in Gebärdensprache anders sind. Und obwohl viele taube Dolmetscher die Texte der Musiker vorher lernen, werden oft unbekannte Songs gespielt. Um die richtig übersetzen zu können, müssen sie sich auf den hörenden Dolmetscher verlassen können.
Wenn die Dolmetscher die Texte vorher kennen, kennen sie auch die Geschichten, die die Musiker mit ihren Songs erzählen wollen. Und genau die erzählen sie dann auch dem Publikum - indem sie Emotionen und Nuancen in Gebärdensprache ausdrücken, die weit über die Texte hinausgehen. Die Inhalte würden so sichtbar, fühlbar und erlebbar, sagt der Gehörlosen-Verband Schleswig-Holstein e.V..
Bass, Bass, wir brauchen Bass
Bei Musik geht es aber natürlich nicht nur um die Texte, sondern auch um den Rhythmus. Dabei spielt der Bass eine entscheidende Rolle: Die Vibration des Basses überträgt sich auf den Boden - und ist damit für die Menschen mit Hörbehinderungen spürbar. Um den Bass wahrzunehmen, können auch Luftballons helfen, die in den Händen gehalten werden. Denn der Bass überträgt sich auch als Vibration auf die Ballons.
Den Bass haben die Besucher bei Singmark auch ohne Ballons gefühlt. Katja erzählt in Gebärdensprache: "Es ist schön, alles verstehen zu können, ich kann sogar mitsingen und tanzen das ist einmalig." Mit ihr haben am Sonntagabend mehrere hundert Menschen gefeiert - Hörende und Taube. Und alle zusammen haben auf ihre Weise die Musik gespürt.