
Schleswig-Holstein Vor 25 Jahren: Schwerster Verkehrsunfall Schleswig-Holsteins
Elf Menschen - psychisch Kranke und ihre Betreuer aus einem Wohnheim der Kieler Stadtmission - kommen am 17. Mai 2000 bei einem Ausflug zum Hansapark ums Leben. Es ist der bis dahin schwerste Verkehrsunfall Schleswig-Holsteins.
Der Tag sollte viel Spaß und Freude bringen, doch der Ausflug der Kieler Stadtmission zum beliebten Hansapark in Sierksdorf an der Ostsee am 17. Mai 2000 endete in einer Tragödie. In insgesamt vier Fahrzeugen waren die psychisch kranken Heimbewohner des Wichern-Hauses in Kiel und ihre Betreuer unterwegs. Elf von ihnen starben auf dieser Fahrt.
40-Tonner gerät auf Gegenfahrbahn
Nach Informationen des Schleswig-Holstein Magazins von damals näherten sich gegen 11.35 Uhr auf der Bundesstraße 76 zwischen Eutin und Süsel zwei Lastwagen einander aus entgegengesetzten Richtungen. Einer der beiden geriet auf die Gegenfahrbahn. "Und dann hat es schon gerummst", berichtete der Fahrer des anderen Lkw dem NDR. Der von seiner Spur abgekommene 40-Tonner schleuderte durch den Zusammenprall erst nach rechts, schaukelte sich auf und geriet wieder auf die andere Spur. Dort stieß er gegen zwei der Kleinbusse der Kieler Stadtmission. Einen Transporter begrub der Lastwagen unter sich und riss ihn mit in die Böschung. Acht Menschen starben in diesem Kleinbus, drei in dem anderen. Die Heimbewohner waren zwischen 48 und 61 Jahre alt. Zu den getöteten Betreuern zählten zwei 27 und 37 Jahre alte Frauen sowie zwei 39 und 59 Jahre alte Männer. Mehrere Verletzte wurden mit Hubschraubern in Krankenhäuser geflogen.

Der 40-Tonner war von seiner Spur abgekommen.
Polizei und Feuerwehr sperrten die Bundesstraße 76, um die Toten zu bergen und die Fahrzeuge auf die Straße zurückzubringen - eine schwere Aufgabe für die Helfenden. "In dieser Masse haben wir das noch nicht erlebt. Das ist das erste Mal, dass wir so viele Tote haben", sagte ein Feuerwehrsprecher dem NDR im Jahr 2000. "So wie das ausgesehen hat, das war ein Schrecken."
"Bilder vergisst man sein ganzes Leben nicht"
Am Nachmittag machte sich Innenminister Klaus Buß (SPD) ein Bild von der Unglücksstelle. Auch er zeigte sich betroffen von dem bis dahin schwersten Unfall auf den Straßen Schleswig-Holsteins. "Jeder, der eine solche Unfallstelle sieht, ist erschüttert", sagte Buß dem NDR. Er war bei dem Transporter, in dem die acht Menschen starben. "Das sind Bilder, die vergisst man sein ganzes Leben lang nicht."

Acht Menschen starben in diesem Transporter, den der 40-Tonner unter sich begrub.
Auch Schleswig-Holsteins damalige Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) zeigte sich "entsetzt und bestürzt über das tragische Unglück".
Unfallursache schnell geklärt
Die Unfallursache wurde schnell geklärt. Experten bestätigten die Aussage des einen Lkw-Fahrers. Der 40-Tonner sei auf die Gegenfahrbahn geraten, habe den entgegenkommende Lastwagen berührt und ihm dabei drei Reifen kaputtgefahren. Das belegten die Reifenspuren auf der Fahrbahn eindeutig.

Der Unfall geschah, weil sich zwei Lkw berührten.
An der Unfallstelle ist die Bundesstraße 76 an beiden Seiten von Bäumen begrenzt, fast alleeartig. Jeden Tag fuhren damals rund 7.000 Pkw und etwa 3.500 Lkw auf dieser Straße entlang. Schon häufiger hatte es dort Unfälle gegeben, als Unfallschwerpunkt wurde die Strecke jedoch nicht betrachtet.
Große Anteilnahme bei Trauerfeier
Eine Woche nach dem Unglück fand eine Trauerfeier für die Opfer statt. Rund 1.000 Trauernde kamen dem Schleswig-Holstein Magazin zufolge in die Kieler Nikolaikirche. Trauer und Anteilnahme gab es auch vor der Kirche: Über Lautsprecher verfolgten viele Menschen den Gottesdienst. Nach der Trauerfeier wurden die Verstorbenen im engsten Familienkreis beigesetzt.
An der Unfallstelle wurde zum Gedenken an die Toten ein Holzkreuz aufgestellt. Es weist elf kleine Kreuze auf - für jedes Opfer eins.
Bewährungsstrafe für den Unfallverursacher
Der Lkw-Fahrer musste sich später vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, den Unfall durch überhöhte Geschwindigkeit und einen vermeidbaren Fahrfehler verursacht zu haben. Laut Tacho war er 80 bis 90 Stundenkilometer gefahren, während auf der Strecke nur ein Tempo von 60 km/h erlaubt war. Der Angeklagte berichtete laut Schleswig-Holstein Magazin vom 22. November 2000, er habe mit der linken Hand etwas greifen wollen und sich dabei leicht gebückt. Mit nur einer Hand am Steuer zog der Laster nach links und streifte den entgegenkommenden Sattelschlepper. Unter Tränen räumte der Hamburger, der nach dem Unfall mit einem schweren Schock zehn Tage in der Neustädter Psychiatrischen Klinik behandelt wurde, auch ein, "zu schnell" gefahren zu sein.
Der Richter sagte, "trotz der vielen Opfer und der erheblichen Geschwindigkeitsübertretung des Angeklagten" sei eine Bewährungsstrafe von einem Jahr gerechtfertigt. Außerdem musste der Lkw-Fahrer seinen Führerschein für 18 Monate abgeben. Er gab damals an, nie wieder einen Lkw fahren zu wollen.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 17.05.2000 | 19:30 Uhr