Daniel Günther bei einem Interview im Bundestag

Schleswig-Holstein Friedrich Merz zum Kanzler gewählt: Stimmen aus Schleswig-Holstein

Stand: 06.05.2025 19:17 Uhr

Friedrich Merz ist im zweiten Wahlgang im Bundestag nun zum neuen Kanzler gewählt worden. Das sagen Wadephul, Prien, Günther, Kubicki und so äußert sich ein Kieler Wissenschaftler zum Tag in Berlin.

Von Anna Grusnick, Vinetta Richter, Judith Pape und Stefan Böhnke

Karin Prien und Johann Wadephul sind als Bundesminister im Kabinett Merz vorgesehen. Doch dann verfehlte Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) im ersten Wahlgang die notwendige Mehrheit der Stimmen. Die beiden Schleswig-Holsteiner wurden als designierte Bundesministerinnen und -minister somit erst einmal ausgebremst. Bereits am Nachmittag erfolgte auf Beschluss des Bundestages hin ein erneuter Wahlgang - mit Erfolg. Friedrich Merz ist der neue Bundeskanzler des Bundesrepublik Deutschland.

Zunächst keine Kanzlermehrheit für Merz

Kurz nach 10 Uhr: Friedrich Merz erhält nicht die erforderliche Mehrheit der Stimmen. Es fehlen sechs Stimmen im ersten Wahlgang. Sitzungsunterbrechung, aufgeregte Gespräche, erschrockene Gesichter, viele greifen zum Telefon, Karin Prien spricht mit der Bundestagspräsidentin Klöckner - beide wirken konsterniert. Kopfschütteln bei Noch-Kanzler Olaf Scholz (SPD). Der Plenarsaal leert sich. Sonderfraktionssitzungen beginnen - mit vielen offenen Fragen.

Wadephul nach erstem Wahlgang: "Ich finde es sehr, sehr ärgerlich"

Nach dem Scheitern im ersten Wahlgang gibt sich Johann Wadephul betont gelassen und sagt: "Es ist ein ärgerlicher Vorgang. In einer parlamentarischen Demokratie in einem freiheitlichen Land gehört das leider zu den Szenarien, auf die man sich einstellen muss. Das ist so." Das könne man alles bewältigen, aber: "Ich finde es sehr, sehr ärgerlich. Aber da sollten wir uns auch nicht in irgendetwas hineinsteigern."

Prien: "Die ganze Welt schaut auf uns"

Diesen Tag hat sich auch die designierte Bildungsministerin und CDU-Bundesvize Karin Prien anders vorgestellt. Sie spricht von einem emotionalen Auf und Ab. "Aber es geht ja weniger um mich, sondern ich mache mir schon große Sorgen um die Stabilität unseres demokratischen Systems." Sie nennt die gescheiterte Kanzlerwahl eine ernste Angelegenheit. Dennoch müsse man jetzt die Nerven behalten.

Es muss allen der Ernst der Lage wirklich bewusst sein. Ich weiß nicht, was noch passieren muss in der Welt, auch bei uns in Deutschland, damit den etablierten demokratischen Parteien auch in Gänze klar ist, was hier auf dem Spiel steht."
— Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein

Friedrich Merz ist neuer Bundeskanzler - nach zweitem Wahlgang

Um kurz nach 16 Uhr ist es dann soweit: Bundestagspräsidentin Julia Klöckner gibt bekannt, dass Merz im zweiten Wahlgang die nötigen Stimmen erhalten hat, 325 an der Zahl. Der Applaus im Bundestag ist laut. Vorgänger Scholz beglückwünscht bereits seinen Nachfolger. Klöckner bittet um Zurückhaltung mit Gratulationen, bis der neue Kanzler sein Amt angenommen hat. "Ich bedanke mich für das Vertrauen", sagt Merz schließlich. Die Bundesrepublik hat einen neuen Kanzler.

Am Ende des Tages haben wir einen neuen Bundeskanzler, und ich wünsche Friedrich Merz eine glückliche Hand für die Geschicke unseres Landes. Der Preis dafür war jedoch hoch, denn einen chaotischeren Start hat bislang kein Kanzler erlebt."
— Wolfgang Kubicki (FDP)

Nach der Wahl von Merz zum Kanzler: Reaktionen aus SH

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) findet nach dem Ergebnis deutliche Worte: "Fakt ist, 18 Abgeordnete haben in einer solchen Situation - aus welchen Motiven auch immer - nicht verantwortungsbewusst gehandelt. Das ist schon eine erhebliche Anzahl."

Daniel Günther nennt Ablauf des Tages "bitter"

Daniel Günther gratulierte Merz zu dessen Wahl. "Für Deutschland und Europa ist es ein wichtiges Signal, dass er jetzt im Amt ist und mit seinem Kabinett an die Arbeit gehen kann." Den Ablauf des Tages mit dem nötig gewordenen zweiten Wahlgang nannte Günther bitter.

Wolfgang Kubicki (FDP) äußert sich kurz nach der Wahl auf Facebook: Friedrich Merz sei am Ziel - doch die CDU befinde sich "in schwerem Fahrwasser".

Stefan Seidler vom SSW hat sich enthalten

Stefan Seidler (SSW) schrieb auf Facebook zur Kanzlerwahl: "Bei meiner Entscheidung zur heutigen Kanzlerwahl habe ich mich – wie immer – von dem leiten lassen, was wir als SSW für unseren Norden erreichen wollen. Daran hat auch ein zweiter Wahlgang nichts geändert." Im sei wichtig, schrieb Seidler weiter: "Meine Enthaltung ist keine Stimme für den Kanzler, aber auch keine gegen die Bundesregierung."

SSW-Spitzenkandidat Stefan Seidler vor einer Wand

Stefan Seidler (SSW) findet, dass die geplante neue Grenzpolitik das falsche Signal nach Europa sendet.

Politikwissenschaftler: "Es ist brutal schief gegangen"

Politikwissenschaftler Prof. Wilhelm Knelangen von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel spricht von einer schweren Hypothek für Merz. "Die Menschen werden sich immer wieder fragen: Wer steht denn jetzt eigentlich hinter dieser Koalition?" Doch der Experte sagt auch: "Es ist heute brutal schief gegangen im Bundestag auf der einen Seite. Auf der anderen Seite: Jetzt kann man versuchen, die Dinge neu zu gestalten."

UV-Nord-Chef: "Ärmel hochkrempeln, anpacken"

Welche Auswirkungen der erste Fehltritt im Bundestag hatte, zeigt laut UV-Nord-Chef Michael Thomas Fröhlich auch die Reaktion der Börse. Er empfiehlt: "Ärmel hochkrempeln, anpacken und nach Möglichkeit diesen Fehlstart sehr schnell durch gute Arbeit vergessen machen."

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 06.05.2025 | 17:00 Uhr