
Schleswig-Holstein 190 Millionen Jahre alter Fischsaurier zieht in Kieler Museum ein
Es ist das größte Fossil im Zoologischen Museum von Kiel: Der etwa 3,8 Meter lange Ichthyosaurus ist am Mittwoch aus dem Naturhistorischen Museum Braunschweig nach Kiel gebracht worden.
"Fragile" prangt auf dem riesigen rechteckigen Paket, das fest in Gurte verzurrt gen Himmel schwebt. Und wohl wahr: zerbrechlich ist er wirklich, der Inhalt des Pakets, das gleich durch das historische Fenster des Zoologischen Museums der Christian-Albrechts-Universität in Kiel geschoben wird. Es ist das Fossil eines etwa 3,8 Meter langen Ichthyosaurus, rund 190 Millionen Jahre alt.
Und auf das wartet nicht nur der Kranführer oben im Fenster, der per Fernbedienung millimetergenau und mit ruhigem Blick den Arm des Kranes lenkt. Voller Erwartung ist vor allem Prof. Dr. Dirk Brandis, Direktor des Zoologischen Museums, für den hier gerade eines der spektakulärsten Ausstellungsstücke aus einer längst vergangenen Zeit ins Haus kommt.

Per Kran und fest verpackt wurde das imposante Fossil am Mittwochvormittag in das Zoologische Museum gehoben.
Fischsaurier in Kiel: "Ein nicht austauschbares, unverwechselbares Original"
Dass der versteinerte Fisch ein Original ist, keine Kopie - wie es sie immer häufiger in Naturkunde-Museen gebe, ist für den Museumsdirektor ein entscheidender Faktor: "Das Original ist ein Erlebnis, das nicht austauschbar ist. Das heißt, wenn ich irgendwie eine Plastikfigur herstelle, kann ich die zehntausend Mal aufbauen, aber dieses Original kann man nur an diesem Ort sehen. Mit seinen Ecken und Kanten, seinen Beschädigungen und seiner Geschichte und seiner Besonderheit", so Brandis.

Fossilien-Präparator Sebastian Radecker und Museumsdirektor Dirk Brandis vor dem neuen Highlight des Zoologischen Museums von Kiel.
"Und gerade im Zeitalter der digitalen Reizüberflutung, wo man alle Informationen aus der ganzen Welt kriegt, ist das Erlebnis des nicht austauschbaren, unverwechselbaren Originals ein besonderes Erlebnis, auch emotional." Bei einem großen Festakt anlässlich des 250-jährigen Bestehen des Zoologischen Museums soll das fertig installierte Objekt enthüllt werden. Bis dahin werden Besucher mit einem kleinen Ausschnitt des Fischsauriers vorlieb nehmen müssen - doch auch dieser ist schon spektakulär und zeigt den hinteren Teil des Ichthyosaurus.
Platzmangel im Braunschweiger Museum macht Leihgabe möglich
Sebastian Radecker ist Präparator am Staatlichen Naturhistorischen Museum Braunschweig, in dessen Besitz das Exemplar des Fischsauriers ist. "Bei mir war es von Ende 2022 bis gestern in der Präparationswerkstatt im Magazin zwischengelagert. Es war aber insgesamt 73 Jahre bei uns im Museum ausgestellt - zuletzt im Fossiliensaal, der wurde dann abgebaut Ende 2022, aufgrund von Platzmangel."

"So könnte das Fossil mal ausgesehen haben." Sebastian Radecker ist Präparator am Staatlichen Naturhistorischen Museum Braunschweig.
Mike Reich, Direktor des Braunschweiger Museums, erklärte vorab, dass eigene Grabungsfunde aus dem niedersächsischen Posidionschiefer es möglich gemacht hätten, den Ichthyosaurus nach Kiel zu verleihen. Für den Fischsaurier war in Braunschweig schlichtweg kein Platz mehr.
Risse im Schiefer - die Gefahr kommt von Innen
Viel habe in den letzten Jahren nicht am Präparat selbst gemacht werden müssen, sagt Radecker. "Abgesehen von regelmäßigen Kontrollen, um zum Beispiel Risse frühzeitig zu erkennen. Also immer gucken, ob da Risse entstehen, im Posidonienschiefer ist ab und zu Pyrit, ein Eisen- und Schwefelsulfit, drin und das kann anfangen zu blühen, der sogenannte Pyritzerfall. Da muss man dann konservatorisch vorgehen, mechanisch oder chemisch."
Das Fossil stammt aus dem sogenannten Posidonienschiefer aus dem Gebiet um Holzmaden in Baden-Württemberg. Diese Ablagerungen wurden zur Zeit des Unteren Jura, auch Lias oder Schwarzer Jura genannt, gebildet. Dieser Zeitraum begann vor circa 201 Millionen Jahren und endete vor etwa 145 Millionen Jahren.
Wer in Fachmagazinen blättert, liest, dass Fossilien aus dem Posidonienschiefer von Holzmaden ihre herausragende Erhaltung der Umwandlung in Pyrit verdanken. Pyrit ist allerdings auch ihr Feind. Im Kontakt mit Feuchtigkeit und Sauerstoff kann ein Zerfallsprozess einsetzen, der letztlich zur vollständigen Zerstörung des Fossils führen kann. Gerade darum sei im Vorfeld das Feuchtigkeitskonzept des Ausstellungsraumes optimiert worden, sagt Direktor Brandis.

"Dass das Fossil jetzt hier in Kiel ist, am Meer, das hat auch schon eine Symbolkraft", sagt Dirk Brandis, Direktor des Zoologischen Museums von Kiel.
Ichthyosaurus ist Dauerleihgabe für Kiel - auf unbestimmte Zeit
Das imposante Exemplar soll, sobald es an der Wand angebracht wurde, dort auch erst einmal hängen - auf unbestimmte Zeit. Brandis, der seit 2014 das Zoologische Museum in Kiel leitet, ist stolz - das merkt man ihm an. "Dass das Fossil jetzt hier in Kiel ist, am Meer, das hat auch schon eine Symbolkraft", sagt Brandis. Inhaltlich werde das Exemplar in eine Ausstellung eingefügt, die zeige, wie die Evolution von Landtieren zurück ins Meer erfolgt sei, sagt er.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 07.05.2025 | 19:30 Uhr