
Saarland Wie Produktiv-Genossenschaften Betriebsnachfolgen sichern sollen
Betriebe, die eigentlich gut laufen, aber keinen Nachfolger finden, sind kein seltenes Problem. Eine Lösung ist, dass Arbeitnehmer selbst das Unternehmen übernehmen als sogenannte Produktiv-Genossenschaft. Im Saarland gibt es schon Beispiele, bei denen das funktioniert.
Sven Berzellis / Onlinefassung: Tabea Prünte
Nicht nur im Saarland, sondern in ganz Deutschland suchen viele Betriebe händeringend nach einer Unternehmensnachfolge, sagt die Deutsche Industrie- und Handelskammer. Aus Sicht der Arbeitskammer des Saarlandes könnten Produktiv-Genossenschaft genau dieses Problem lösen. Dahinter steckt die Idee, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemeinsam den Betrieb, in dem sie arbeiten, auch leiten – ähnlich wie in einem Verein.

In Spanien wird das schon in großen Unternehmen umgesetzt. Zum Beispiel in Mondragón, wo ein Industriezulieferer – immerhin das siebtgrößte Unternehmen Spaniens – als Genossenschaft geführt wird.
Saarbrücker Betrieb als Produktiv-Genossenschaft geführt
Aber auch im Saarland ist das Modell bereits angekommen, etwa im Betrieb "Roterfaden" in Saarbrücken. Seit etwas mehr als einem dreiviertel Jahr wird das Unternehmen als Produktiv-Genossenschaft geführt. Die damalige Chefin Beate Mangrig wollte keine Chefin mehr sein und hat eine Unternehmensnachfolge gesucht.
Jetzt führt sie den Betrieb gleichberechtigt, zusammen mit ihren zwei damaligen Angestellten. Aus Sicht von Mangrig ein Erfolgsmodell für Unternehmen aller Art. Die einzige Voraussetzung: Diejenigen müssen die Verantwortung auch tragen wollen: "Die Menschen müssen schon gewisse Grundvoraussetzungen mitbringen, ihre Arbeit selbstständig geregelt zu bekommen, gut zu organisieren, über den Tellerrand zu schauen, Verantwortung zu übernehmen", sagt sie.

Hauptaugenmerk auf Arbeitsplatzerhalt
Hauptargument einer Produktiv-Genossenschaft ist aus Sicht der Arbeitskammer vor allem der Arbeitsplatzerhalt. Denn diese Unternehmensform würde als erstes für die eigenen Arbeitnehmenden wirtschaften.
Das sei auch für das Saarland interessant, sagt Frederik Moser von der Arbeitskammer. Viele mittelständische Betriebe hätten Nachfolgeschwierigkeiten und stünden vor der Schließung. Durch eine Genossenschaft könnten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Unternehmen einfach selbstständig weiterführen.
"Im Saarland stehen in den nächsten Jahren sehr viele Unternehmensnachfolgen an. Gerade im Handwerksbereich oder in Bäckereibetrieben. Und die finden einfach keine geeigneten Nachfolger. Und da geht es nicht um Unternehmen, die irgendwie kurz vor der Insolvenz stehen. Da geht es um kerngesunde Unternehmen", so Moser.
Im schlimmsten Fall müssten dann Betriebe aufgegeben werden, weil es niemanden gibt, der oder die das Unternehmen übernimmt. "So ein Workers Buyout durch eine Genossenschaft, also wenn die Mitarbeiterinnen, die Arbeiter den Betrieb übernehmen, das kann wirklich eine Alternative dazu sein."
Genossenschaften sind bislang eher die Ausnahme
Genossenschaft heißt aber auch Verantwortung. Denn die ist Grundvoraussetzung, um einen erfolgreichen Betrieb zu führen. Wer Teil der Genossenschaft ist, ist – je nach Betriebsgröße – auch zum Teil Chef. Das kann Angst machen, bringt aber auch Freiheiten mit sich, meint Nils Bellaire. Nach etwa sieben Jahren als Angestellter ist er jetzt Co-Vorstand der Genossenschaft Roterfaden.
"Es fühlt sich richtig an und ich würde nie wieder anders arbeiten wollen", sagt er. Wenn man erst einmal den Schritt gegangen sei, diese Verantwortung zu übernehmen, wolle man nicht mehr zurück. "Sich vorzustellen, ich hätte jetzt wieder einen Chef, ich müsste mich jetzt wieder an so feste Strukturen halten – schwierig."
Bisher sind Genossenschaften, wie Roterfaden, aber eine Ausnahme. Soll sich das ändern, so die Arbeitskammer, müsse auch ein Umdenken in der Arbeitswelt passieren.
Über dieses Thema hat auch die SR 3-Sendung "Region am Nachmittag" am 07.05.2025 berichtet.
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