
Saarland Merz wird Kanzler: Saar-Politiker gratulieren und mahnen
Friedrich Merz ist neuer Bundeskanzler – im zweiten Wahlgang stimmte die Mehrheit des Bundestags für ihn. Aus dem Saarland kamen erste Glückwünsche, aber auch skeptische Töne.
mit Informationen von Sabine Wachs und Diana Kühner-Mert
Friedrich Merz ist im zweiten Wahlgang am Dienstagnachmittag zum neuen Bundeskanzler Deutschlands gewählt worden. 325 Abgeordnete stimmten für Merz, 289 Abgeordnete stimmten gegen ihn, es gab eine Enthaltung, drei Stimmzettel waren ungültig. Das Ergebnis verkündete Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU).
Kurz danach ernannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den CDU-Chef zum Bundeskanzler. Auf Schloss Bellevue überreichte er Merz die Ernennungsurkunde, womit die Amtsgewalt an ihn überging. Nach Kanzler Merz erhielten auch die 17 Ministerinnen und Minister seines Kabinetts ihre Ernennungsurkunden. Sie wurden anschließend, wie zuvor schon der Kanzler, im Bundestag vereidigt. Damit ist die neue Bundesregierung komplett.

Saar-CDU und -SPD senden Glückwünsche
Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) wünschte dem neuen Bundeskanzler Merz viel Erfolg. „Ich gratuliere Friedrich Merz zur Wahl zum Bundeskanzler und wünsche ihm Weitsicht und eine glückliche Hand bei der Amtsführung.“ Für das Scheitern im ersten Wahlgang habe sie kein Verständnis, sie sei aber dankbar, dass mit dem schnellen erfolgreichen zweiten Wahlgang der Schaden für Deutschland begrenzt werden konnte.
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende und Saar-Bundestagsabgeordnete Esra Limbacher zeigte sich ebenfalls erfreut über den Ausgang, fand aber auch mahnende Worte: „Dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz und der neuen Bundesregierung gratuliere ich von Herzen. Doch es bleibt keine Zeit des Abwartens: Die Herausforderungen für unser Land sind groß – die Regierungsarbeit muss jetzt unmittelbar beginnen.“
Josephine Ortleb, die saarländische SPD-Bundestagsabgeordnete, äußerte sich erfreut über die geglückte Wahl im zweiten Durchgang: „Es ist gut, dass wir Demokratinnen und Demokraten den Weg dafür noch am heutigen Tag freigemacht haben. Das war wichtig.“ Deutschland brauche jetzt Stabilität, eine klare politische Linie und eine Regierung, die dem Vertrauen gerecht wird, das ihr ausgesprochen wurde.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roland Theis sagte, „das eindeutige Ergebnis im zweiten Wahlgang zeigt, dass die Koalition jetzt gestanden hat. Union und SPD müssen jetzt in der konkreten Arbeit beweisen, dass eine handlungsfähige Regierung auch eine verlässliche Mehrheit im Bundestag hat. Das ist das, was unser Land jetzt braucht.“
Gratulationen kamen auch von Saar-CDU-Chef Stephan Toscani: „Friedrich Merz ist der 10. Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Herzlichen Glückwunsch!“ Es sei ein besonderer Tag – auch für das Saarland – da Friedrich Merz auch einen Teil seines Lebens im Saarland verbracht habe und deshalb auch Gespür für das Land habe. „In diesem Sinne freue ich mich auf unsere weitere Zusammenarbeit!“

Grünen-Abgeordnete Dillschneider skeptisch
Saar-Bundestagsabgeordnete Jeanne Dillschneider von den Grünen äußerte sich eher kritisch: „Es ist ein herber Dämpfer für Herrn Merz, dass er erst im zweiten Wahlgang zum Kanzler gewählt wurde. Ich wünsche dem Bundeskanzler, dass er die künftigen großen Herausforderungen nun mit kühlem Kopf angeht und die Amtszeit reibungsloser als seine Wahl zum Bundeskanzler verläuft. Herr Merz ist jedoch bislang eher durch Kehrtwenden und leere Wahlversprechen aufgefallen, daher bin ich skeptisch.“

Scheitern im ersten Wahlgang – was zuvor passiert war
Fehlende Mehrheit im ersten Wahlgang
Am Dienstagmorgen war Friedrich Merz noch im ersten Wahlgang gescheitert. 316 Stimmen wären notwendig gewesen – es stimmten jedoch nur 310 Abgeordnete für ihn. 307 der Bundestagsabgeordneten stimmten gegen Merz als neuen Bundeskanzler. Es war das erste Mal in der bundesdeutschen Geschichte, dass ein Kanzlerkandidat im ersten Wahlgang scheitert.
Ein gemeinsamer Antrag von Union, SPD, Grünen und Linke zu einer erneuten Abstimmung am selben Tag ermöglichte den zweiten Wahlgang. Die fehlende Mehrheit im ersten Wahlgang – und damit das Scheitern von Merz – löste in der Saar-Politik unterschiedliche Reaktionen aus.
SPD-Fraktion "geschlossen" für Merz als Kanzler
Der saarländische SPD-Bundestagsabgeordnete und designierte Fraktionsvize Esra Limbacher fand im Anschluss an den gescheiterten ersten Wahlgang mahnende Worte: "Die Lage in Deutschland und Europa ist sehr ernst. Unser Land braucht jetzt eine stabile Regierung. Als direkt gewählter Bundestagsabgeordneter empfinde ich es als meine Pflicht, alles dafür zu tun, dass wir diese Stabilität schnell erreichen", sagte Limbacher.
Die SPD nehme diese Verantwortung an: "Über 80 Prozent unserer Mitglieder haben der Koalition mit der Union zugestimmt, und die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt geschlossen die Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler".
Ähnlich äußerte sich auch die saarländische SPD-Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb. Das Mitgliedervotum der SPD habe deutlich gezeigt, dass die Partei bereit sei, Verantwortung zu übernehmen.
"Die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, dulden keinen Aufschub. Alle Voraussetzungen für die Bildung einer neuen Regierung liegen auf dem Tisch. Jetzt braucht es Klarheit und Führungsverantwortung", sagte sie.
CDU-Politiker wollen schnelle Lösung
Auch der saarländische CDU-Vorsitzende Stephan Toscani betonte, seine Partei stünde "geschlossen hinter unserem Kanzlerkandidaten und zu der Verantwortung für unser Land." Es müsse schnell einen zweiten Wahlgang geben. "Die Lösung der Probleme in unserem Land duldet keinen Aufschub und kein Taktieren.“
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roland Theis erklärte auf SR-Anfrage, die Lage sei schwierig. Die Koalitionsparteien müssten jetzt schnellstmöglich eine Lösung finden.
Dass Friedrich Merz in einem zweiten Wahlgang noch einmal antreten werde, sei aber klar.
Saar-AfD-Chef Becker: "künftige Regierung scheitert"
Der saarländische AfD-Abgeordnete Carsten Becker sieht das Scheitern von Merz im ersten Wahlgang als Scheitern der künftigen Regierung. Mit wackeligen Mehrheiten könne auch keine Migrationswende funktionieren, sagte Becker dem SR.
Dillschneider: Verantwortung bei Union und SPD
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete aus dem Saarland, Jeanne Dillschneider, sieht die Verantwortung für das Scheitern der Kanzlerwahl im ersten Wahlgang bei Union und SPD. "Beiden ist es nicht gelungen, ihre eigenen Reihen zu schließen", sagte sie. "Diese Regierung muss aus eigener Kraft eine Mehrheit finden, sonst ist sie nicht funktionsfähig. Herr Merz kann von uns Grünen keine Stimmen erwarten, um die fehlende Mehrheit seiner eigenen Koalition auszumerzen", sagte sie.
"Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage und weltweiter Unsicherheiten können wir uns keine Instabilität leisten. Für Deutschland, im Herzen Europas, sind die Herausforderungen schlicht zu groß, um in Stillstand zu verfallen."
Zur Person
Merz hat in Saarbrücken als Anwalt gearbeitet
Der CDU-Politiker hat in Bonn und Marburg studiert, sein Referendariat als Jurist dann aber in Saarbrücken gemacht.
Nach dem zweiten Staatsexamen startete er seine Laufbahn 1985 als Richter am Amtsgericht Saarbrücken.
Merz‘ Frau Charlotte stammt aus dem Saarbrücker Stadtteil St. Arnual. Sie heirateten 1981 und lebten später auf dem Rotenbühl in Saarbrücken. 1986 zogen sie dann aus dem Saarland weg. Merz arbeitete fortan als Rechtsanwalt.
Merz wird schon früh CDU-Mitglied
In die CDU trat Merz schon als Schüler ein und war in der Jungen Union in Brilon aktiv. 1989 wurde er bei der Europawahl ins Europäische Parlament gewählt. Von 1994 bis 2009 saß er schließlich als CDU-Abgeordneter für den Wahlkreis Hochsauerlandkreis im Bundestag. Anschließend zog er sich ein Stück weit von der bundespolitischen Bühne zurück.
2021 kandidierte Merz erneut für ein Mandat und zog nach der Bundestagswahl wieder in den Bundestag ein. Ein Jahr später wurde er Bundesvorsitzender der CDU.
2018 hatte er in einer Abstimmung um den Posten auf dem Bundesparteitag in Hamburg noch verloren – gegen die Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer.
Über dieses Thema berichten auch die SR info-Nachrichten im Radio am 06.05.2025.