Karl-Heinz Wiesemann, Bischof von Speyer

Saarland Bischof Wiesemann fordert "Kulturwandel" in katholischer Kirche

Stand: 09.05.2025 14:03 Uhr

Nach der Veröffentlichung eines Gutachtens zum Missbrauch im Bistum Speyer hat der Speyerer Bischof Wiesemann eine schonungslose Aufarbeitung der Verbrechen gefordert. Die Opfer bat er um Vergebung.

„Einen Schlussstrich unter das Thema Missbrauch kann und darf es nicht geben“. So äußerte sich der Bischof von Speyer, Karl-Heinz Wiesemann, auf das Gutachten, das von der Universität Mannheim veröffentlicht wurde.

Er gab zu, das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in der Kirche lange nicht erfasst zu haben. Dafür schäme er sich persönlich. „Ich kann nur aus ganzem Herzen um Vergebung bitten“, sagte Wiesemann. Nichts könne die schrecklichen Taten ungeschehen machen. Er sprach sich für einen Kulturwandel in der katholischen Kirche aus. Beim Lesen der 470 Seiten langen Studie sei er immer wieder ins Stocken geraten.

Über 150 Beschuldigte – Johanneum in Homburg ein "Hotspot"

Die Mannheimer Historikerin Sylvia Schraut hatte am Donnerstag einen Teil ihrer Studie vorgelegt, aus der hervorgeht, dass kirchliche Strukturen sexuellen Missbrauch im Bistum Speyer maßgeblich begünstigt haben. Die gesamte Studie soll in zwei Jahren vorliegen, dann werden auch konkrete Fallanalysen veröffentlicht.

Aus dem ersten Teil der Studie geht nun hervor, dass zwischen 1946 und 2023 insgesamt 109 Kleriker des sexuellen Missbrauchs beschuldigt oder überführt worden sind. In den 1950er und 1960er Jahren sei auch eine Reihe hoher Amtsträger und Heimleiter in den Skandal verwickelt gewesen. Insgesamt wird eine Zahl von 150 Beschuldigten genannt, die Dunkelziffer könnte jedoch höher liegen.

Der Bericht dokumentiert unter anderem detailliert die Vorgänge im Internat Johanneum in Homburg, einem "Hotspot" des Missbrauchs. Das Forscherteam um Schraut hatte für die Arbeit umfangreiche Akteneinsicht genommen und Gespräche mit Zeitzeugen und Missbrauchsopfern geführt.

Betroffenenbeirat bittet Opfer, sich zu melden

Etwa die Hälfte der Missbrauchsfälle wurde erst nach dem Jahr 2000 bekannt. Bis heute hat das Bistum Speyer rund 3,6 Millionen Euro inklusive Therapiekosten an 96 Betroffene gezahlt.

Der Vorsitzende des Betroffenenbeirats im Bistum Speyer, Bernd Held, forderte das „Zerschlagen der Strukturen“, die den Missbrauch ermöglicht haben. Er rief weitere Betroffene auf, sich zu melden. „Es gibt viele, die immer noch denken, sie seien ein Einzelfall.“ Dies sei nun widerlegt, so der Saarländer.

Über dieses Thema haben auch die "SR info Nachrichten" im Radio am 09.05.2025 berichtet.

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