Eine Tuchbestattung ohne Sarg - künftig in Rheinland-Pfalz wohl erlaubt (Symbolbild)

Rheinland-Pfalz Sargpflicht abschaffen, Flussbestattung erlauben - Kabinett beschließt Gesetzesnovelle

Stand: 06.05.2025 14:53 Uhr

Ob Urne im Regal oder Asche im Rhein: Das Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz soll moderner werden. Die Gesetzesnovelle dazu hat das Kabinett verabschiedet. Nun ist der Landtag dran.

Das geltende Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz ist rund 40 Jahre alt. Gesellschaftlicher und kultureller Wandel seien darin nicht abgedeckt, sagt der zuständige Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) zum heutigen Ministerratsbeschluss. Das neue Bestattungsrecht werde den Wünschen der Menschen und dem Zeitgeist entsprechen: "Bestattungen sind ein sehr persönliches und emotionales Thema. Früher war ziemlich klar, wie eine Beerdigung ablaufen soll - heute wünschen sich viele Menschen mehr Freiheiten, um ganz individuell Abschied nehmen zu können. Und genau das machen wir mit der Reform möglich - ein Bestattungsrecht, das zu unserer Zeit passt", so Hoch.

Flussbestattung in Rhein, Mosel, Lahn und Saar

Die Sargpflicht soll wegfallen, Tuchbestattungen für alle möglich werden. Dabei werden die Verstorbenen in einem Tuch statt in einem Sarg beigesetzt – so wie es im Islam üblich ist. Bisher ist diese Bestattungsform in Rheinland-Pfalz nur als Ausnahme vorgesehen.

Als erstes Bundesland will Rheinland-Pfalz die Flussbestattung von Totenasche in den vier größten Flüssen Rhein, Mosel, Lahn und Saar erlauben. Eine Urne soll auch außerhalb von Friedhöfen beigesetzt oder zuhause aufbewahrt werden können, wenn Verstorbene dies zu Lebzeiten festgelegt haben.

Ein Bestattungsrecht, das zu unserer Zeit passt. Gesundheitsminister Hoch (SPD)

Totenasche als Schmuckstein geformt

Auch soll es möglich werden, die Asche zu einem Erinnerungsstück wie etwa zu einem Schmuckstein pressen zu lassen oder sie auf mehrere Angehörige aufzuteilen, so der Minister: "Die Menschen können ganz persönlich Abschied nehmen. Und genau darum geht es uns bei dieser Reform, die Wünsche des Verstorbenen zu respektieren und denjenigen, die bleiben, Raum zu geben, ihre Trauer auf ihre eigene Weise zu leben", sagt Hoch.

Kirchen zweifeln an Einhaltung der Totenruhe

Im Dezember hatte der Gesundheitsminister überraschend die Gesetzespläne öffentlich gemacht und damals vom "modernsten Bestattungsrecht" gesprochen. In den Wochen danach konnten Kirchen, Kommunen und Verbände ihre Stellungnahmen abgeben. Deutliche Kritik kam von den Kirchen. Das Katholische Büro, das die Bistümer bei der Landesregierung vertritt, bezweifelt zum Beispiel, dass die Totenruhe gewahrt werden kann, wenn Totenasche privat aufbewahrt oder aufgeteilt würde.

Die evangelische Kirche sieht den gesellschaftlichen Konsens im Hinblick auf die Totenruhe aufgekündigt, "wenn Totenaschen zu Sachen werden, über die einzelne verfügen, die verloren gehen können oder deren Aufbewahrungsort früher oder später in Vergessenheit gerät." Spätestens, wenn Hinterbliebene, die die Urne aufbewahren, erkranken, umziehen oder selbst versterben, sei das weitere Schicksal von Urnen kaum noch nachzuverfolgen. Auf längere Sicht werde der Verbleib der Asche Verstorbener dem Zufall überlassen, heißt es von der evangelischen Kirche.

Hohe Nachfrage nach Flussbestattungen

Der Bestatterverband Rheinland-Pfalz e.V. bestätigt, dass das Interesse an neuen Bestattungsformen groß ist. Die geplante Möglichkeit einer Flussbestattung habe bei den Mitgliedsbetrieben in Rheinland-Pfalz, aber auch im benachbarten Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus zu zahlreichen Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern geführt.

Der Verband gibt in seiner Stellungnahme an die Landesregierung auch praktische Hinweise. Die Flussbestattung sollte nur in Form einer sich schnell auflösenden Aschekapsel erlaubt werden, so die Bestatter. Durch den Wind und die Wellenbewegungen könnte es sonst zu ungewünschten Situationen mit verwehter Totenasche an Bord, am Ufer und auf anderen Schiffen kommen.

Erinnerungsstücke aus Totenasche liegen im Trend

Auch Erinnerungsstücke aus Totenasche werden laut Bestatterverband immer häufiger von Angehörigen nachgefragt. Daher befürworte man die geplante Gesetzesänderung. Bisher sei es in allen Bundesländern verboten, die Totenasche etwa für Erinnerungsstücke zu teilen. Kritisch sieht der Verband - wie die Kirchen - das private Aufbewahren der Asche. Sollte eine Urne im eigenen Garten bestattet werden oder im Wohnzimmer stehen, stelle sich die Frage nach dem Besuchsrecht für alle anderen Angehörigen oder Wegbegleiter. Der Friedhof dagegen sei ein neutraler und öffentlich zugänglicher Ort, so der Bestatterverband: "Ein öffentlicher Friedhof fährt nicht in den Urlaub, hat keine Vorbehalte gegenüber Einzelpersonen und steht jedermann offen." 

Landtag berät nächste Woche

Die ersten Berichte über das geplante neue Bestattungsrecht im Dezember hatten bei Userinnen und Usern des SWR zahlreiche positive Reaktionen ausgelöst – nach dem Motto: "Endlich!" Trotz der Kritik etwa der Kirchen ist es laut Gesundheitsministerium inhaltlich weitgehend beim ersten Entwurf von Ende vergangenen Jahres geblieben. Lediglich minimale redaktionelle Änderungen habe es gegeben.

Mit Blick auf die Kritiker heißt es aus dem Ministerium, das Land werde in einer Ausführungsverordnung offene Fragen regeln. Kommende Woche soll sich der rheinland-pfälzische Landtag erstmals mit der geplanten Gesetzesänderung befassen. Erklärtes Ziel des Gesundheitsministeriums ist es, dass der Landtag das neue Bestattungsrecht im Juli noch vor der Sommerpause endgültig beschließt.

Sendung am Di., 6.5.2025 11:00 Uhr, SWR3 Nachrichten