
Rheinland-Pfalz IDAHOBITA: Darum setzen sich Menschen in RLP für die Rechte von Queeren ein
Gewalt, Hass und Hetze gegen queere Menschen nehmen weiter zu. Aber in Rheinland-Pfalz engagieren sich Menschen seit Jahren für die LGBTQIA+-Community. Wir zeigen, warum sie nicht verstummen und was ihnen Mut macht.
Der 17. Mai ist der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter-, Trans- und Asexuellenfeindlichkeit (IDAHOBITA). Queere Menschen erinnern an diesem Tag daran, dass Homosexualität seit dem 17. Mai 1990 von der Weltgesundheitsorganisation WHO nicht mehr als Krankheit klassifiziert wird. Auch in Rheinland-Pfalz gibt es viele Veranstaltungen an verschiedenen Orten.
Der IDAHOBITA 2025 fällt zudem mit dem Eurovision Song Contest (ESC) zusammen, der von der queeren Community immer mehr als wichtiger Treffpunkt und Plattform für queere Künstler wahrgenommen wird. Ein guter Anlass, darauf zu schauen, welche Menschen sich in Rheinland-Pfalz besonders gegen Queerfeindlichkeit und für die Gleichberechtigung von Personen aus der LGBTQIA+-Community einsetzen:
- Moderator*in und Workshopleiter*in Janboris Ann-Kathrin Rätz aus Mainz
- Queerer Jugendtreff Hillesheim Maxi Frank aus Hillesheim (Vulkaneifel)
- "Schmit-Z" Vincent Maron vom Queeren Zentrum in Trier
- Ansprechstelle LSBTI* Polizeipräsidium Koblenz Joanna Morbach und David Pütz
- Mitorganisatorin CSD Kaiserslautern Lena Karch
- Netzwerk katholischer Lesben Ruth Gleißner aus Mainz
Janboris Ann-Kathrin Rätz: "Die Uhren nicht zurückdrehen"
Für Janboris Ann-Kathrin Rätz geht es beim Engagement für queere Menschen nicht nur um die eigenen Rechte als nicht-binäre Person. "Ich kämpfe für Respekt, Menschenwürde, Nächstenliebe und Freiheit. Wir sind eben erst dann frei, wenn wir alle frei sind und nicht nur ein paar", sagt Rätz, Moderator*in und Workshopleiter*in aus Mainz.

Bekannt wurde Janboris Ann-Kathrin Rätz unter anderem als Fernsehmoderator des SWR. Heute arbeitet Janboris Ann-Kathrin freiberuflich und setzt sich für die Gleichberechtigung und Akzeptanz queerer Menschen ein.
Jede einzelne Person müsse sich ihrer Privilegien bewusst werden und verstehen, dass Minderheitenrechte auch mit dem eigenen Leben zu tun hätten: "Wenn jetzt rechte Parteien mit faschistischen Zügen, wie in den USA, wieder dran sind, dann haben nicht nur marginalisierte Gruppen ein Problem. Das haben wir dann alle." Das träfe vielleicht zuerst Trans- oder Homosexuelle, Schwarze oder Menschen mit Migrationshintergrund. Aber auf der Liste von Begriffen, mit der Donald Trump Bilder auf Internetseiten der US-Army löschen lasse, stehe auch das Wort "women".
Wir können nicht wieder in diese Zeit zurückgehen und sagen: 'Nee, Respekt, Menschenwürde machen wir nicht mehr.' Da bin ich dagegen! Janboris Ann-Kathrin Rätz
Miteinander zu reden sei der Grundbaustein, wirbt Rätz. Er trete auch außerhalb seiner Bubble auf, sei sichtbar, komme ins Gespräch. "Die Leute nehmen wahr, ich bin nicht nur ein Weirdo mit einem Kleid, sondern mehr als trans* und ich möchte auch unsere Gesellschaft mitgestalten." Damit aber alle mitgestalten könnten, müssten die Leute so sein dürfen, wie sie sind, erklärt er. "Wenn meine komplette Energie immer nur da rein fließt, wie ich sein muss, habe ich nachher keine Kappas [Kapazitäten] mehr, um die Dinge zu gestalten, die wichtig sind."
Erste queere Fastnacht im Kurfürstlichen Schloss zu Mainz
Auf die Frage, ob es Dinge gibt, die ihn positiv in die Zukunft blicken lassen, ist Rätz zwiegespalten. Es sei mittelfristig nicht die Frage, ob, sondern nur wann die Entwicklung aus den USA in Deutschland ankomme. "Langfristig aber glaube ich, dass es keine Alternative gibt. Denn nur über Diversität und Vielfalt lassen sich die Sachen anpacken, die wir als Gesamtgesellschaft wuppen müssen. Den Luxus, sichtbar queere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, mit Kopftuch, Kippa und vielen Tattoos und viele mehr auszuschließen, können wir uns langfristig nicht leisten. Das macht mir Hoffnung."
Maxi Frank: Die ältere Generation auf dem Land wird offener
Wenn beim queeren Jugendtreff in Hillesheim (Landkreis Vulkaneifel) Not am Mann oder der Frau ist, ist Maxi Frank da. Er streift seinen Dienstpullover über und aus dem Teilnehmer Maxi wird der ehrenamtliche Betreuer für die Jugendlichen, die einmal im Monat in ihrem Safe Space zusammenkommen. Dann organisiert er Spiele oder besorgt Material, um Freundschaftsbänder zu knüpfen - je nachdem was sich die Teilnehmenden wünschen.

Maxi Frank ist im queeren Treff in Hillesheim (Vulkaneifel) aktiv und setzt sich für Offenheit gegenüber Queeren auf dem Land ein.
Dass der queere Treff zustande gekommen sei, sei nicht selbstverständlich, berichtet Frank, weil es vor allem in der älteren Generation auf dem Land Widerstände gebe. "Sich dann zu outen und zu so einem Treffen zu gehen, obwohl hier jeder jeden über ein paar Ecken kennt, da hat man einfach Angst vor." Ihm sind die Begegnungen in Hillesheim aber wichtig: "Ich bin selbst bisexuell und habe durch den Treff gelernt, dass man viel mehr darüber reden sollte, statt die Dinge nicht zeigen zu dürfen."
Im Zusammenhang mit Queerfeindlichkeit beschäftigt ihn derzeit am meisten, dass so viele Menschen bei der vergangenen Bundestagswahl die AfD gewählt haben, obwohl sie offen homophob sei und gleichgeschlechtliche Ehen ablehne. "Es sind so viele Leute, da frage ich mich schon: 'Bin ich in Ordnung, bin ich gut genug, so wie ich bin?'" Auch wenn die Wahl schon wieder etwas her ist, kommen die Fragen und Gefühle wie Angst, Sorge und Traurigkeit immer wieder in ihm hoch.
Die ältere Generation tastet sich langsam an das Thema heran und man wird inzwischen offener akzeptiert. Maximilian Frank
Mut macht Frank außerdem, dass die ältere Generationen sich langsam an das Thema herantaste und man offener akzeptiert werde. So schlimm wie früher sei es nicht mehr. Seiner Mutter hat er trotzdem nichts von seiner Bisexualität erzählt und spricht in einem Umfeld, in dem Bekannte seiner Mutter sind, auch nicht darüber. Dass sie durch den Artikel davon erfahren könnte, nimmt er in Kauf. "Dann ist es so. Ich setzte mich lieber mit meinem Namen ein, anstatt zu schweigen, um zu zeigen, man muss sich zeigen", sagt Frank.
Vincent Maron: "Queere und nicht queere Menschen schätzen unsere Arbeit"
Schon während des Studiums hat Vincent Maron sich in einer Gruppe für queere Sichtbarkeit eingesetzt und wurde Mitglied im Verein "Schmit-Z Queeres Zentrum Trier". Danach wurde er fester Mitarbeiter, ist seitdem für Fort- und Weiterbildungen verantwortlich und versucht mit dem Team zusammen "alles, was an Aufgaben anfällt, zu koordinieren und über die Bühne zu bringen".
Das "Schmit-Z" gibt es seit 15 Jahren in Trier. Ein queeres Zentrum des Vereins, der Kulturarbeit leistet, um die Community zu stärken. Rosa Karneval, Filmabende, Theaterveranstaltungen, CSD und vieles mehr. Zum IDAHOBIT wird ein Aktionstag für Jugendliche angeboten.
Außerdem betreibt der Verein den "Queergarten", ein gastronomisches Angebot in der Trierer Innenstadt. Am Außenbereich des Queergartens gab es zuletzt einen Vandalismus-Vorfall, der mithilfe der Polizei geklärt werden konnte. Immer mehr queere Menschen erzählen Vincent von Diskriminierung und Gewalt. Das Zentrum sei da, um diesem Trend entgegen zu steuern. "Wir wollen unsere Arbeit weitermachen können, also finanziell, mit Ehrenamtlichen, aber vor allem durch Akzeptanz der Trierer und Triererinnen", sagt Vincent. Trotz der sich häufenden Diskriminierungen wachse der Verein weiter, über 400 Mitglieder zählt "Schmit-Z" mittlerweile.
Das macht natürlich Mut, dass queere und nicht queere Menschen unsere Orte aufsuchen und uns das Feedback geben, dass unsere Arbeit wichtig ist und wertgeschätzt wird. Vincent Maron, Queeres Zentrum Trier
- 18 Uhr: Queerer Gottesdienst in der Matthäuskirche, danach gemeinsames Essen und Raum für Gespräche
- 16 Uhr: Come-together für queere Jugendliche (13-21 Jahre)
- 18 Uhr: Kinobesuch im Broadway Trier
- 10-14 Uhr: Infostand in der Fußgängerzone Ecke Riesenstraße (vor Juwelier Christ)
- ESC Party , IYKYK Pariser Straße 182
- 17-18 Uhr: Musik, Poetry & Kundgebung für eine vielfältige und solidarische Gesellschaft, Jesuitenplatz Koblenz
- 10 Uhr: Demo gegen Queerfeindlichkeit, Rote Kaserne
- 10-15 Uhr: Infostand und Fotobox-Aktion auf dem Rathausplatz vor der Adlerapotheke
- 22 Uhr: Aftershow im Gloria Kulturpalast
- 11-18 Uhr: Infostand in der Fußgängerzone (Marktstraße 56)
Joanna Morbach und David Pütz setzen sich für Akzeptanz und Sichtbarkeit ein
Eine Straftat anzuzeigen, kostet viele Menschen Überwindung. Und geht es um Diskriminierung, steige die Hürde zusätzlich. "Wir wollen, dass alle Anzeigen bei der Polizei sensibel aufgenommen werden", sagt Joanna Morbach von der Ansprechstelle für lesbische, schwule, bisexuelle, transidente und intergeschlechtliche Menschen (AS LSBTI*) auf dem Polizeipräsidium Koblenz.
Die Person soll sich verstanden fühlen und nicht von der Polizei zusätzlich ein schlechtes Gefühl vermittelt bekommen. Joanna Morbach, Ansprechstelle LSBTI* Polizeipräsidium Koblenz
Die Ansprechstelle der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz ist auf diversen CSDs, beim Rheinland-Pfalz-Tag, dem Ehrenamtstag und vielen weiteren Veranstaltungen mit einem Stand vor Ort, stellt sich vor, klärt auf und kommt ins Gespräch - und noch viel wichtiger: Immer, wenn Menschen innerhalb der Polizei oder aus der Gesellschaft mit Diskriminierung in Kontakt kommen, ist die Ansprechstelle erreichbar.
Seitdem die Polizei daran arbeite, für die queere Community da zu sein, gebe es "eigentlich keine Hürde mehr" für Menschen, mit negativen Erfahrungen zur Polizei zu gehen. Aus der Vergangenheit hänge aber mitunter noch ein anderes Bild der Polizei in den Köpfen. "Diese Hemmschwelle wollen wir abbauen mit unserer Arbeit", sagt Pütz, "dafür müssen wir offen sein und vor allem sichtbar für die Menschen."
Hasskriminalität ist allgegenwärtig
David Pütz hat selbst im familiären Umfeld Diskriminierung miterlebt. "Das hat mir klargemacht, dass ich selbst für Toleranz einstehen will", sagt Pütz. Und das Thema Hass ist auch für Morbach allgegenwärtig. Die Verrohung der Sprache und die Umgangsformen im Internet sorgen sie. Aber die beiden können auch Mut schöpfen, und zwar aus ihrer Arbeit. Man bekomme häufig nach Einsätzen von Opfern, aber auch mutmaßlichen Tätern gesagt, dass die Personen sich gut aufgehoben gefühlt hätten. Das zeige, dass die Arbeit und auch die Ansprechstelle wichtig seien, meint Pütz.
Kaiserslautern hat eine große queere Community - und jetzt auch einen CSD
"Wir müssen auch hier in Lautern was machen", so habe Lena Karch, eine der Organisatorinnen des ersten Kaiserslauterer Christopher Street Days, festgestellt, dass die queere Szene auch in der Pfalz ein eigenes Fest mit Umzug und Party brauche. Den Verein "Queeres Zentrum Kaiserslautern" gibt es seit drei Jahren.
Ich habe hier in der queeren Community darauf gepocht, dass wir auch einen CSD brauchen. Lena Karch, Mitorganisatorin des CSD Kaiserslautern, Queeres Zentrum KL
Zu Anfang habe es noch "zurückhaltende Ängstlichkeit" in der Community gegeben, mittlerweile seien die Planungen aber in vollem Gange. Es werde zum CSD am 30. August einen Demonstrationszug durch die Fußgängerzone geben und anschließend eine große Party auf dem Schillerplatz. Zum IDAHOBIT stellt der Verein auch einen Infostand in der Fußgängerzone auf.
Sorge vor weltweitem Rechtsruck
Das drängendste Problem ist für Lena Karch der weltweite Rechtsruck. Die Einstellung von Diversitätsprogrammen in großen Unternehmen, jüngst bei SAP, das "ist ein richtig großes Problem".
Wir laufen im Moment rückwärts, und zwar relativ schnell. Da muss man sich dagegenstellen, den Mund aufmachen und Gesicht zeigen. Lena Karch, Mitorganisatorin des CSD Kaiserslautern, Queeres Zentrum KL
Aber die queere Community sei stärker und mutiger geworden. Widerständen wie dem Abspringen von Sponsoren bei Paraden zum Trotz stelle die Gemeinschaft ihre Veranstaltungen auf die Beine und sei in sich geschlossener, als sie das noch vor einigen Jahren gewesen sei. "Es gibt sehr viel mehr Einigkeit und der Kern der Community steht zueinander", sagt Karch.
Lena Karch ist neben ihren Tätigkeiten in der queeren Szene in Kaiserslautern auch politisch für die Linke in der Westpfalz tätig.
Ruth Gleißner: "Vernetzung. Vernetzung macht Mut!"
Die Vorsitzende des deutschlandweit aktiven Vereins "Netzwerk katholischer Lesben" kommt aus Mainz. Das Netzwerk ist unabhängig von der Amtskirche, aber "mittlerweile sind wir von den Bischöfen anerkannt," sagt Gleißner. Sie ist seit 20 Jahren im Netzwerk. Seit zehn Jahren ist es ein eingetragener Verein, der eine Anlaufstelle und einen Schutzraum für lesbische Frauen inner- und außerhalb der katholischen Kirche bietet.
Einerseits bin ich christlich sozialisiert und andererseits bin ich eben lesbisch und will mich nicht verleugnen!" Ruth Gleißner, Vorsitzende des Vereins "Netzwerk katholischer Lesben"
In der katholischen Kirche sei sie nie tätig gewesen, aber eben immer gläubig. Im Verein soll für alle Frauen liebenden Frauen ein "spiritueller Rahmen" geschaffen werden. Sie sind auf Kirchentagen mit Ständen vor Ort und treffen sich regelmäßig zum Gesprächskreis.
Gleißner macht besonders der härtere Ton gegen Queere Sorgen. "Und natürlich die immer gegenwärtige Gewalt gegen Frauen", ergänzt sie. Wenn sie sich die USA ansehe und beispielsweise Gerichtsurteile in Großbritannien, ist Gleißner beunruhigt: "Wir müssen wirklich aufpassen, dass diese Transfeindlichkeit nicht auf Deutschland überschwappt." Oft werde Diskriminierung auch in europäischen Ländern als Frauen- oder Kinderschutz getarnt.
Aber die Anerkennung wächst und das mache Mut. Dass der vor Jahren noch IDAHO genannte Tag gegen Diskriminierung von Queeren nun IDAHOBITA heißt und gleichermaßen auch Bi-, Inter-, Trans- und Asexuelle mit einschließt, zeige bereits, dass die Gesellschaft offener werde und sich marginalisierte Gruppen auch stärker ins Außen trauen. "Vernetzung. Vernetzung macht Mut!", sagt Gleißner.
Was die katholische Kirche betrifft, so sei sie "vorsichtig optimistisch". Natürlich sei sie nicht mit der katholischen Sexualmoral einverstanden. Aber der Weg des neuen Papsts, der den Synodalen Weg weitergehen will, "sollte uns anspornen, noch weltoffener zu werden".