In einem bislang einmaligen Vorgang ist CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag erst im zweiten Wahlgang zum neuen Kanzler gewählt worden.

Rheinland-Pfalz Kanzlerwahl-Debakel für Merz: Die Reaktionen aus RLP

Stand: 06.05.2025 18:40 Uhr

CDU-Chef Merz ist erst im zweiten Wahlgang zum Kanzler gewählt worden. Nach dem gescheiterten ersten Wahlgang hatten Politiker aus RLP an die Verantwortung der Abgeordneten appelliert.

CDU-Chef Merz bekam im zweiten Wahlgang 325 Ja-Stimmen und hat damit die notwendigen Stimmen für die Kanzlermehrheit erreicht. Das teilte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner mit. Merz hat die Wahl zum Bundeskanzler angenommen.

Friedrich Merz im zweiten Wahlgang zum Kanzler gewählt

Im ersten Wahlgang fehlten Friedrich Merz (CDU) sechs Stimmen für die Kanzlermehrheit von 316 Stimmen. Die Fraktionen von Union und SPD haben im Bundestag zusammen 328 Stimmen. Dass ein Kanzler erst im zweiten Wahlgang die nötige Mehrheit erreicht hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Wer in der Koalition gegen Merz gestimmt hat, ist nicht bekannt, da die Wahl geheim ist.

SPD in Rheinland-Pfalz appellierte an staatspolitische Verantwortung

Die rheinland-pfälzische SPD hatte an die staatspolitische Verantwortung der Bundestagsabgeordneten von CDU und SPD appelliert. "Dieses historische Scheitern der Kanzlerwahl war so nicht zu erwarten", sagte die SPD-Landesvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler nach dem ersten Wahlgang. Im zweiten Wahlgang von Friedrich Merz zum Bundeskanzler müssten die Abgeordneten der Koalition ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht werden "und basierend auf den gemeinsamen Verhandlungsergebnissen und einem beschlossenen Koalitionsvertrag die Kanzlerwahl erfolgreich absolvieren." 

Der stellvertretende SPD-Landeschef Sven Teuber hatte gewarnt, die politische Unsicherheit sei problematisch. Den Abgeordneten müsse bewusst sein, dass solch ein Wahlausgang den Demokratiefeinden in die Karten spiele. Bei einer solchen Abstimmung müssten die persönlichen Befindlichkeiten hinter die Interessen des Landes gestellt werden.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagte zu dem gescheiterten ersten Wahlgang. "Das war ein Start mit einem blauen Auge." Jetzt müsse aber der Blick nach vorne gerichtet werden. SPD und Union hätten einen guten Koalitionsvertrag miteinander geschlossen und es gebe ein klares Votum für die neue Regierung, so der Ministerpräsident.

CDU-Landeschef Schnieder forderte schnellen zweiten Wahlgang

Der CDU-Landesvorsitzende Gordon Schnieder betonte, Deutschland brauche eine stabile Bundesregierung. "Die Probleme dulden keinen Aufschub." Da stundenlang unklar war, ob der zweite Wahlgang noch am selben Tag stattfinden kann, forderten etliche Politikerinnen und Politiker, es brauche schnell einen zweiten Wahlgang, auch Schnieder. Er sagte, "alle Abgeordneten sind jetzt gefordert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden."

Grüne reagieren zurückhaltend auf gescheiterte Kanzlerwahl

Die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer von den Grünen sagte, die Menschen in Deutschland wünschten sich Stabilität. Über die Ursachen der gescheiterten Wahl wolle sie nicht spekulieren.  

FDP kritisiert Abweichler bei der Kanzlerwahl

Die FDP in Rheinland-Pfalz kritisierte die Abweichler bei der Kanzlerwahl. Die FDP-Landesvorsitzende Daniela Schmitt sagte, das Ergebnis der Kanzlerwahl sei eine Niederlage für die parlamentarische Demokratie. Angesichts der großen Herausforderungen brauche es jetzt eine handlungsfähige Bundesregierung.

"In Rheinland-Pfalz wissen die Abgeordneten im Landtag, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen" sagte Schmitt. "Wir haben in der Ampel-Koalition nunmehr neun Jahre regiert. Unsere Regierung war und ist jederzeit stabil, weil alle Partner sich ihrer Verantwortung bewusst waren. Diese Haltung erwarten wir auch im Bund."

AfD spricht von historischer Demütigung

Der AfD-Landesvize und Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmeier sprach von einem Misstrauensvotum gegen Merz aus den eigenen Koalitionsreihen. Das sei eine historische Demütigung.

Freie Wähler sehen auch Auswirkungen für Landespolitik

"Eine Hängepartie können wir uns nicht leisten", sagte Helge Schwab, der Vorsitzende der parlamentarischen Gruppe Freie Wähler im Landtag. "Innere Sicherheit, Bildung, Wirtschaft, Infrastruktur, Gesundheit und vieles mehr: Wir können zwar auf Länderebene wichtige Weichenstellungen vornehmen, doch ist dies nur dann möglich, wenn der Bund die richtigen Rahmenbindungen schafft." Die nachteiligen Auswirkungen könnten am Ende auch verheerende Folgen für die kommunale Ebene haben, meint Schwab.

LVU: Es braucht handlungsfähige Regierung

Die missglückte Wahl schürt nach Ansicht der Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU) Rheinland-Pfalz weitere Unsicherheit. Die gescheiterte Kanzlerwahl sei auch für die Wirtschaft ein problematisches Signal, sagte der LVU-Hauptgeschäftsführer Karsten Tacke. Gerade in dieser Phase anhaltender Unsicherheiten brauche es dringend stabile politische Verhältnisse. 

Politikwissenschaftler: Ansehen Deutschlands ist beschädigt

Der Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter sieht das Ansehen Deutschlands beschädigt. Der Vorgang werde in Europa definitiv keine Euphorie auslösen, sagte der Politikwissenschaftler der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität. Im Ausland werde die gescheiterte Kanzlerwahl auch den Blick auf die neue Koalition prägen. "Es wird interpretiert werden, dass diese Regierung nicht so stabil sein wird, wie man es bisher von deutschen Regierungen gewohnt war."

Sendung am Di., 6.5.2025 18:00 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP