Oberlandesgericht von außen

Nordrhein-Westfalen OLG Hamm: Keine Infos zu Sparkassen-Konto aus NS-Zeit

Stand: 07.05.2025 17:00 Uhr

Das OLG Hamm hat zu einem Konto aus der NS-Zeit geurteilt. Der Kläger bekommt keine Infos zum Konto seines Großvaters.

Von Philip Raillon

Der Erbe eines ehemaligen, jüdischen Sparkassen-Kunden aus Hagen hat gegen die örtliche Sparkasse geklagt. Er will wissen, was mit Konto und Geld seines Großvaters passierte. Freiwillig wollte die Sparkasse an der Volme und Ruhr, wie das Hagener Geldinstitut heute heißt, die Infos nicht rausrücken.

OLG bestätigt Entscheidung der ersten Instanz

Nach dem heutigen Urteil des Oberlandesgerichts Hamm muss das Geldinstitut die Informationen weiter nicht rausrücken. Alle Ansprüche seien verjährt, entschied der Senat. Die Verjährungsfrist von 30 Jahren sei auch für Opfer des Naziregimes in Ordnung. Sie hätten nach 1945 noch ausreichend Zeit gehabt, ihre Ansprüche geltend zu machen.

Die Hagener Sparkasse hatte sich im Verfahren auf die Verjährung berufen. Dadurch werde der Kläger nicht in seinen Grundrechten verletzt, so das OLG Hamm. Wenn das Gericht daran Zweifel gehabt hätte, hätten die Richter diesen Aspekt dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorlegen müssen.

Weil sie das nicht taten, konnten sie heute über die Berufung entscheiden. Sie wiesen sie zurück. Der Enkel hatte schon in der ersten Instanz beim Landgericht Hagen mit seiner Klage verloren.

Großvater des Klägers floh vor den Nazis

Der Großvater des Klägers war Jude und hatte 1932 ein Konto bei der Sparkasse Hagen eröffnet. Darauf soll eine großzügige Mitgift gelegen haben. In den 1930er Jahren floh er mit seiner Frau vor den Nazis in die Schweiz.

Sein Enkel vermutet heute, dass das Konto nie formal aufgelöst wurde und die Sparkasse davon Geld an die Nazis überwies. Konkret könnte die Sparkasse Zahlungen an das Finanzamt abgeführt haben, die sogenannten Reichsfluchtsteuern oder Judenvermögensabgaben.

Beide gelten als rassistisch und antisemitisch motivierte Steuern oder Abgaben, die die Nazis nur von Juden verlangten. Ob solche Gelder vom umstrittenen Konto des Großvaters gezahlt wurden, wollte der Kläger mit seiner Klage herausfinden. Und wenn das geschehen wäre, hätte er dafür Schadensersatz von der Sparkasse verlangt.

Kläger verlangte Infos zum Konto und eventuell Schadensersatz

Er hatte daher eine sogenannte Stufenklage erhoben: Im ersten Schritt wollte er Informationen, die die Sparkasse unter Eid versichern sollte. Im nächsten Schritt hätte er dann gegebenenfalls Geld haben wollen.

Der Enkel wirft der Sparkasse vor, auch im Gerichtsverfahren über das Konto schlecht informiert zu haben. So soll das Geldinstitut zunächst gesagt haben, es gäbe keine Infos zum Konto, da das Archiv im Krieg zerstört worden sei, später fand es dann doch Akten. Die hätte die Sparkasse aber noch immer nicht komplett offengelegt.

Sparkasse Hagen schweigt zu Vorwürfen

Die Sparkasse hat sich auf WDR-Anfrage dazu nicht geäußert, sie reagierte überhaupt nicht. Im Verfahren argumentierte die Sparkasse allerdings, das Konto gebe es seit fast neunzig Jahren nicht mehr und mögliche Ansprüche seien verjährt. Das Landgericht Hagen war dem in erster Instanz gefolgt und hatte die Klage abgewiesen.

Dem ist nun auch das Oberlandesgericht Hamm in dem Berufungsurteil gefolgt. Der Anwalt des klagenden Enkels hatte das schon nach der mündlichen Verhandlung befürchtet.

In dem konkreten Konto-Fall gehe es aber um die Grundsatzfrage, wie Auskunfts- und Schadensersatzansprüche von Nazi-Opfern verjähren. Die müsse im Zweifel der Bundesgerichtshof klären, so Anwalt Christoph Partsch vor der Urteilsverkündung. Sein Mandant, der Enkel, werde daher womöglich noch in Revision gehen.

Der OLG-Senat hat heute in seinem Urteil die Revision aber nicht zugelassen. Dagegen kann der Enkel sich noch mit einer gesonderten Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof wehren. Nur wenn der BGH dann die Revision nachträglich zuließe, könnte der Enkel diese - aus seiner Sicht offene - Grundsatzfrage in Karlsruhe überprüfen lassen.

Unsere Quellen:

  • Urteil LG Hagen
  • Prozessvertreter Kläger
  • Pressemitteilung OLG Hamm
  • WDR-Reporter