Brücken-Bauarbeiten an der L142 in Neuss-Erftal

Nordrhein-Westfalen Mehr Tempo und weniger Vorgaben beim Brückenbau

Stand: 07.05.2025 16:26 Uhr

Gleich drei Straßenbrücken müssen derzeit in Neuss erneuert werden. Was früher Jahre dauerte, soll nun in wenigen Monaten geschehen.

Von Rainer Striewski

Seit Ende März geht auf der Euskirchener Straße in Neuss-Erftal gar nichts mehr. Noch bis Ende Mai ist die Straße voll gesperrt. Danach ist die benachbarte Harffer Straße dran. Hier sollen die Arbeiten insgesamt noch bis Ende Oktober andauern.

Was sich nach großer Beeinträchtigung anhört, ist im Gegenteil eine Maßnahme zur Beschleunigung von Sanierungsarbeiten. Denn innerhalb nur weniger Monate sollen hier gleich drei Straßenbrücken der Norfer Straße (L142) erneuert sowie Fahrbahn und Radwege saniert werden. Im Februar haben die ersten Arbeiten begonnen, Ende des Jahres sollen sie bereits abgeschlossen sein.

Ausschreibung lässt Baufirmen Spielraum

Das Besondere bei dieser Baustelle: Sie entstand im Rahmen einer "funktionalen Ausschreibung". Dabei werden den Baufirmen nicht mehr die genauen technischen Details vorgegeben, sondern nur das gewünschte Endergebnis. Statt umfangreicher Leistungsverzeichnisse mit vielen Einzelpositionen enthält das Leistungsverzeichnis hier nur wenige pauschale Positionen. Eine Vorgabe beim Projekt in Neuss war: maximale Bauzeit von neun Monaten.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) auf der Brückenbaustelle an der L142 in Neuss-Erftal

Krischer in Neuss: Beschleunigung durch Sanierungsoffensive

"Wir haben den Bauunternehmern nur gesagt: Wir brauchen eine Brücke, die funktioniert und die Normen erfüllt. Und wie du das machst, kannst du selber entscheiden", erklärt NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) dem WDR. "Diese Beschleunigung ist ein Baustein unserer Sanierungsoffensive", so Krischer weiter.

Viele Brücken in NRW marode

Im Rahmen dieser Sanierungsoffensive hat das Land NRW insgesamt 400 Brücken identifiziert, die innerhalb von zehn Jahren erneuert werden sollen. Dabei ist der Bedarf eigentlich noch deutlich höher. Eine Datenanalyse des WDR hat ergeben, dass rund 2.500 Brücken in NRW marode sind.

Bis zum Jahr 2033 will das Land NRW nun zumindest 400 Brücken erneuern. 15 Projekte konnten nach Angaben des Landesbetriebs Straßen-NRW seit Start der Offensive 2023 bereits abgeschlossen werden. 41 Projekte laufen derzeit noch, fürs kommende Jahr sind 37 weitere Projekte geplant.

Um den Bau zu beschleunigen setzt der Landesbetrieb Straßen-NRW neben funktionaler Ausschreibung vermehrt auch auf Schnellbauweisen. Dabei werden vorgefertigte Bauteile verwendet, die bei der Montage vor Ort Zeit sparen sollen. "Damit reduzieren wir die Auswirkungen für den Verkehr und können Strecken schneller wieder frei geben", erklärt Petra Beckefeld von Straßen-NRW.

Brücken-Bauarbeiten an der L39 in Mönchengladbach-Wickrath

Schnellerer Brückenbau in Mönchengladbach-Wickrath

"Das ist genau die Basis, die wir brauchen, um solche Brücken umzusetzen", betont auch Andreas Huppertz von der Firma Nesseler-Bau in Aachen. Seine Firma hat eine Brücke für die L39 in Mönchengladbach-Wickrath bereits im Werk vorproduziert. "Das heißt, wir haben die Einzelteile, aus der die Brücke besteht, so fertig zur Baustelle und nur noch in ihre Position gebracht, sodass wir die Brücke deutlich schneller fertigstellen konnten", so Huppertz.

Deutliche Verkürzung der Bauzeit

Statt nur neun Monate hätte der Brückenbau in Neuss früher bis zu drei Jahre gedauert, erläutert Stephan Huth von Straßen-NRW. Dabei wäre klar gewesen: "Das können wir den Anwohnerinnen und Anwohnern und auch den Verkehrsteilnehmern nicht antun", so Huth. Mit der "funktionalen Ausschreibung" wurde so den ausführenden Firmen die Möglichkeit gegeben, innovativ und damit schneller zu bauen.

Recruiting gegen Fachkräftemangel

Um die Ziele der "Sanierungsoffensive" zu erreichen, hat das Land zudem seine Rekrutierungsanstrengungen verstärkt. Seit 2021 konnten nach Angaben des Landesbetriebs Straßen-NRW über 1.000 neue Beschäftigte gewonnen werden, darunter etwa Fachkräfte aus Spanien. Kooperationen mit Universitäten wie Valencia sollen dazu beitragen, die begehrten Arbeitskräfte zu gewinnen.

Opposition hat Zweifel an Umsetzung

Die SPD im Düsseldorfer Landtag ist hingegen skeptisch, dass all diese Maßnahmen ausreichen, um die Sanierungsoffensive 2033 abschließen zu können.

"Dieser immense Sanierungsstau müsste zur Chefsache gemacht werden", meint Gordan Dudas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Er fordert eine eigene Stabsstelle im Verkehrsministerium, die sich ausschließlich um die Sanierung kümmert. "Wir haben einen jahrzehntelangen Stau. Da müssen Brücken, Straßen und Tunnel erneuert werden - und wir dürfen keine Zeit mehr verlieren."

Unsere Quellen:

  • Pressekonferenzen in Neuss und Mönchengladbach
  • Gespräch mit Oliver Krischer (Grüne)
  • Gespräch mit Stephan Huth (Straßen-NRW)
  • Gespräch mit Andreas Huppertz
  • Gespräch mit Gordan Dudas (SPD)
  • Landesbetrieb Straßen-NRW