Nordrhein-Westfalen Illegale Drogen-Entsorgung: Kommt belastete Gülle nach NRW?
Eine FDP-Anfrage hat einen Verdachtsfall aus dem Kreis Heinsberg aufgegriffen und nährt die Sorgen der Sicherheitsbehörden.
Das Landeskriminalamt (LKA) in Nordrhein-Westfalen beschäftigt sich derzeit verstärkt mit der illegalen Entsorgung von Abfällen aus der Produktion synthetischer Drogen, vor allem aus den Niederlanden. Im Raum steht, dass aus den Niederlanden importierte und mit Drogenrückständen belastete Gülle auf nordrhein-westfälischen Äckern verteilt worden sein könnte.
In der Antwort der Landesregierung auf eine entsprechende Anfrage der FDP im NRW-Landtag, die dem WDR exklusiv vorliegt, teilt das NRW-Innenministerium mit, dass dazu aktuell keinerlei Ermittlungen laufen. Das Thema steht jedoch grenzüberschreitend im Blickfeld.
Viele illegale Drogenlabore im Grenzgebiet

Aufgedecktes Drogenlabor in einer Scheune
Die Niederlande und Belgien gelten als Zentren der europäischen Drogenproduktion. Gerade im Grenzgebiet zu Nordrhein-Westfalen wurden auf beiden Seiten der Grenze in den vergangenen Jahren wiederholt auch größere illegale Drogenlabore von den Ermittlern ausgehoben. 2023 hatte die Zahl der aufgedeckten Produktionsstätten nach Angaben der niederländischen Polizei mit 151 einen neuen Höchststand erreicht.
Gefragt sind bei den Drogenproduzenten in den Niederlanden auch abgelegene Bauernhöfe oder leerstehende Scheunen in Grenznähe, etwa in den Provinzen Limburg und Brabant. Dort werden laut LKA die Grundstoffe miteinander vermischt und für die gewünschten chemischen Reaktionen weitere Stoffe wie Säuren und Lösungsmittel eingesetzt. Von denen bleibe jedoch ein Großteil als Abfall übrig. Pro Kilo hergestellter Droge sind es LKA-Schätzungen zufolge zwischen fünf und 30 Kilo umweltschädlicher, giftiger Chemiemüll.
Illegale Entsorgung über Kanister und Fässer
"Typischerweise werden Kanister und Fässer mit gesammelten Syntheseresten an abgelegenen Waldwegen, Feldwegen, an Straßenrändern und in Naturschutzgebieten in hoher Anzahl abgestellt und zurückgelassen", so eine LKA-Sprecherin. Bekannt sei auch, dass die Täter die Substanzen auf Äckern und Waldböden ausgießen oder direkt in Oberflächengewässer oder die Kanalisation einleiten.

LKA: Bisher keine Erkenntnisse über belastete Gülle
Wie oft bisher gefährliche Abfälle, die aus der Drogenproduktion stammen könnten, bisher in NRW gefunden wurden, ist den Ermittlern eigenen Angaben zufolge nicht bekannt. Die unerlaubte Entsorgung über Gülle könnte aber ein weiterer Weg sein. Trotz vereinzelter Untersuchungen durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Klima gebe es bisher aber "keine konkreten Erkenntnisse", dass mit Drogenresten belastete Gülle aus den Niederlanden nach NRW transportiert und hierzulande auf den Äckern verteilt wurde.
Landesregierung verweist auf grenzüberschreitende Kontrollen
Der Verdacht liegt womöglich nahe, da fast die Hälfte der gesamten Gülleexporte der Niederlande nach Deutschland gehen, im vergangenen Jahr mehr als eine Million Tonnen. Die Landesregierung verweist darauf, dass die Landwirtschaftskammer NRW auf Grundlage einer Vereinbarung mit den niederländischen Behörden grenzüberschreitende Gülletransporte kontrolliere. Auf Netzwerkveranstaltungen würden außerdem die unterschiedlichen Sicherheitsebenen in NRW für das Thema sensibilisiert, heißt es weiter.

Geruchsbeschwerden im Kreis Heinsberg hatten die Anfrage ausgelöst
Die Transporte würden demnach in Datenbanken beider Länder erfasst und abgeglichen, so dass Empfängerbetriebe in NRW gezielt kontrolliert werden könnten. Anlass der FDP-Anfrage im Landtag war ein Fall im Kreis Heinsberg aus dem vergangenen Sommer. Bürger hatten über eine besonders starke Geruchsbelästigung geklagt.
Die Spur ließ sich zu einem Gärtenereibetrieb kurz hinter der niederländischen Grenze zurückverfolgen, wo in der Tat Rückstände harter Drogen gefunden wurden. Allerdings seien nach Abgleich der Daten von dort keine Transporte nach NRW erfolgt, so dass sich ein "begründeter Anfangsverdacht" nicht bestätigt habe, teilte die Landesregierung nun in ihrer Antwort mit.
FDP kritisiert zu wenige verbindliche Kontrollen

FDP-Vertreter Pfeil kritisiert zu wenig Kontrollen
Für die FDP reichen die bisherigen Maßnahmen nicht aus: "Es gibt keine standardisierten chemischen Prüfungen auf Drogenrückstände – weder routinemäßig noch stichprobenartig. Anstatt ein strukturiertes Monitoring oder verbindliche Prüfmechanismen zu etablieren, wird auf polizeiliche Netzwerktreffen und Einzelfallermittlungen verwiesen", bemängelt der europapolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Werner Pfeil.
Die Landesregierung verweist auf "strategische Netzwerktreffen der Strafverfolgungs- und Umweltschutzbehörden", organisiert durch die Vernetzungsstelle Umweltkriminalität im LKA. Auch die Zentralstelle für die Verfolgung der Umweltkriminalität in Nordrhein-Westfalen, eingerichtet bei der Staatsanwaltschaft Dortmund, beobachte "kriminologische Phänomene im Bereich der Umweltkriminalität und zieht Rückschlüsse für deren Verfolgung".
Quellen:
- Antwort der Landesregierung auf Kleine Anfrage der FDP
- Landtagsabgeordneter Werner Pfeil, FDP
- Landeskriminalamt
- Niederländische Polizei
- Niederländische Unternehmensagentur RVO
Über dieses Thema berichten wir am 05.05.2025 auch im Radio im WDR5 Westblick, 17.05 Uhr.