
Nordrhein-Westfalen Beschäftigte geschockt: Aus für Gerry Weber in Halle
Der Modehersteller Gerry Weber gibt seinen Stammsitz in Halle (Westfalen) auf. Die knapp 300 Mitarbeitenden wurden am Dienstag informiert.
Nach mehr als 50 Jahren gehen für Gerry Weber in Halle die Lichter aus. Jahrelang hatten die Mitarbeitenden dafür gekämpft, dass ihr Unternehmen überlebt, haben sogar auf Geld verzichtet. Die Neuigkeiten vom Aus des Hauptsitzes macht viele fassungslos.
Investoren wollen Stammsitz nicht erhalten
Erst im März hatte Gerry Weber zum dritten Mal Insolvenz angemeldet. Auf einer Versammlung mit allen Mitarbeitenden hatte die Geschäftsführung versichert, dass alles getan werde, um Investoren zu finden.
Nun die ernüchternde Nachricht: Die möglichen Investoren haben Interesse am Geschäft und der Marke, nicht aber am Stammsitz in Halle.
"Beide haben zugleich erklärt, dass die Steuerung des Geschäfts in jedem Fall von einem anderen Standort als dem Firmensitz Halle/Westfalen erfolgen würde. Vor diesem Hintergrund wird die Geschäftsführung Maßnahmen zur Aufgabe des Standortes Halle einleiten", heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.
Hohe Identifikation mit Unternehmen

Gerry Weber steckt seit längerem in Schwierigkeiten
Ob und wie es für die 281 Mitarbeitenden vom Stammsitz in Halle nach Ende Mai weitergeht, verhandelt das Unternehmen aktuell mit dem Betriebsrat.
"Es war für uns alle ein Schlag in die Magengrube", so beschreibt ein langjähriger Mitarbeiter die Reaktionen auf der Mitarbeiterversammlung.
Viele seien fassungslos gewesen, Tränen seien geflossen, berichtet die IG Metall-Gewerkschaftssekretärin Janina Hirsch. Viele Mitarbeitende seien seit Ewigkeiten Teil von Gerry Weber - manche sogar seit 40 Jahren.
Sie identifizieren sich mit dem Modeunternehmen und hatten trotz düsterer Prognosen auch in den letzten Jahren noch Hoffnung, die Krise hinter sich lassen zu können. "Sie haben immer wieder erlebt, dass es gut gegangen ist, das hat ihnen Hoffnung gegeben", sagte Janina Hirsch.
Mitarbeitende haben auf Geld verzichtet
Im Juni 2023 hatten die Mitarbeitenden sogar zugestimmt, auf Geld zu verzichten. Sie hatten Teile ihres Urlaubs- und Weihnachtsgelds als Kredit gewährt und zugestimmt, dass es bis Herbst 2025 zurückgezahlt wird. Hirsch fürchtet, dass dieses Investment verloren gehen könnte.
Eine Ära geht zu Ende
Nach seiner Gründung galt Gerry Weber lange als eines der erfolgreichsten Unternehmen in der deutschen Modebranche. Vor allem sein Retail-Konzept war besonders: In nahezu jeder Großstadt war an prominenten Standorten ein Store zu finden.
Der Verkauf auf eigener Fläche war damals ein Erfolgsrezept. Doch genau das wurde Gerry Weber Jahrzehnte später zum Verhängnis.
Die hohen Kosten waren irgendwann nicht mehr zu stemmen. Dazu kamen strategische Fehler und der Bau eines großen Logistikzentrums, die das Unternehmen schließlich in die erste von drei Insolvenzen trieben.
Unsere Quellen:
- IG Metall
- Gerry Weber International GmbH (GWI)