Bayerns Ministerpräsident Markus Söder

Bayern Söder: Gescheiterte Kanzlerwahl ist "Schaden für unser Land"

Stand: 06.05.2025 14:49 Uhr

CSU-Chef Söder zeigt sich enttäuscht über das vorläufige Scheitern des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz bei der Kanzlerwahl. Es sei ein Schaden "für unser Land". Bayerns SPD-Landeschefin Endres spricht von einem "Bärendienst" an der Demokratie.

Von Petr Jerabek

Das Scheitern von Friedrich Merz (CDU) bei der Kanzlerwahl im Bundestag zeigt laut CSU-Chef Markus Söder den Ernst der Lage. "Ich bin enttäuscht, dass es im ersten Wahlgang nicht die erforderliche Mehrheit gegeben hat", sagte Söder bei einem kurzfristig angesetzten Statement in München. "Das Scheitern im ersten Wahlgang ist ein Schaden für unser Land und für die Demokratie – gerade in diesen schwierigen Zeiten."

Deutschland sei herausgefordert wie nie und brauche Stabilität wie nie. Es gehe bei der Wahl des Bundeskanzlers nicht nur um die Person, sondern um eine ganze Regierung und am Ende die Stabilität der Bundesrepublik, betonte Söder. "Deswegen ist es so wichtig, keine Spielchen, keine Denkzettel auszustellen, alte Rechnungen zu begleichen, sondern daran zu denken, was für alle auf dem Spiel steht. Es geht schon ums Ganze." Die höhnischen Kommentare der AfD zeigten, was dies auslöse. Hinzu komme die Unsicherheit im Ausland.

Söder warnt vor unabsehbaren Folgen

Söder warnte, ein endgültiges Scheitern der Kanzlerwahl könne "unabsehbare" Folgen haben. Daher gelte es nun, ruhig zu bleiben und alle Möglichkeiten abzuwägen, damit Merz doch die erforderliche Mehrheit im Bundestag bekomme. Es sei der falsche Zeitpunkt für Streit oder Schuldzuweisungen. Es gehe nicht um das Einzelinteresse, "wer was wird oder wer sich stärker oder schwächer fühlt oder wer vielleicht irgendwann mal den Eindruck hatte, dass man ihm nicht genügend Aufmerksamkeit gegeben hat". Es gehe ums Land.

Noch sei alles lösbar, noch sei ein guter Start der Regierung möglich, betonte der CSU-Chef. "Deswegen einfach noch mal meine Bitte an alle, in sich zu gehen." Demokraten müssten keine Angst vor extremen Gruppen haben, "außer wir schaden uns selbst". Das dürfe nicht passieren. Söder appellierte an alle Demokratinnen und Demokraten im Bundestag, gemeinsam eine stabile Regierung auf den Weg zu bringen.

Linnemann: Union geschlossen

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte im Phoenix-Gespräch, in der Unions-Fraktion habe es nach der gescheiterten Wahl "frenetische Unterstützung, Standing Ovations" für Merz gegeben. "Deswegen ist mein Eindruck, dass wir geschlossen stehen." Über das Abstimmungsergebnis zeigte sich Linnemann sehr enttäuscht. Damit habe er "überhaupt nicht gerechnet", es sei "unverantwortlich".

Laut Unions-Fraktionschef Jens Spahn werden CDU/CSU und SPD Merz am Nachmittag für einen zweiten Wahlgang erneut vorschlagen. Die Union stehe geschlossen hinter Friedrich Merz. "Ganz Europa, vielleicht sogar die ganze Welt schaut auf diesen zweiten Wahlgang." Er appelliere an alle, "sich dieser besonderen Verantwortung bewusst zu sein", sagte Spahn. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann betonte: "Schon die erfolgreichsten Weltraummissionen sind mit Verspätung gestartet."

Klingbeil: Ernste Lage

SPD-Chef Lars Klingbeil erinnerte an die "ernste Lage", in der sich Deutschland befinde - angesichts wirtschaftlicher Probleme, der Polarisierung in der Innenpolitik und des Kriegs in der Ukraine. Daher sei es wichtig, dass Deutschland eine stabile Regierung bekomme. Die Fraktionen von Union, SPD, Grünen und Linkspartei hätten beschlossen, gemeinsam noch für diesen Nachmittag einen zweiten Wahlgang zu beantragen. "Und ich gehe davon aus, dass jetzt im zweiten Wahlgang die erforderliche Mehrheit da ist, damit Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler unseres Landes ist."

Schwesig: "Unverantwortlich"

Auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), kritisierte das Abstimmungsverhalten einiger Abgeordneter der neuen Koalition: "Als Ministerpräsidentin (...) bin ich sehr enttäuscht über diesen Vorgang", sagte sie im Bundestag. Deutschland brauche eine stabile Regierung. "Und ich finde das, was heute passiert, ist unverantwortlich."

Schwesig plädierte für eine zügige Regierungsbildung. Sie vertraue allen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Fraktion und habe überhaupt keinen Grund für Spekulationen.

Endres: "Ein Bärendienst an unserer Demokratie"

Deutliche Worte kamen auch von der bayerischen SPD-Landesvorsitzenden Ronja Endres. Die Stärke der Demokratie liege auch darin, einen Machtwechsel fair über die Bühne zu bringen. "Dass das in so fragilen Zeiten wie diesen nicht geglückt ist, macht mich wütend", betonte sie. "Eine Kanzlerwahl scheitern zu lassen, um irgendwelche Denkzettel zu verpassen, ist keine Heldentat, sondern ein Bärendienst an unserer Demokratie."

Sie glaube allerdings nicht an Abweichler aus den Reihen der SPD. "Meine Leute sagen mir, dass wir vollzählig waren und die Reihen standen. Unsere Abgeordneten haben durch das Mitgliedervotum auch einen klaren Auftrag von der Basis, als SPD in diese Regierung einzutreten."

Merz fehlen sechs Stimmen zur Mehrheit

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz war am Vormittag bei der Kanzlerwahl im Bundestag im ersten Wahlgang gescheitert. Er erhielt in geheimer Abstimmung 310 Stimmen – sechs weniger als nötig. 307 Abgeordnete votierten gegen Merz, drei enthielten sich, eine Stimme war ungültig. Union und SPD haben zusammen im Bundestag 328 Abgeordnete.

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Quelle: BR24live 06.05.2025 - 16:00 Uhr