
Bayern Politik der Zurückweisung – Was jetzt an den Grenzen passiert
Bundesinnenminister Dobrindt hat die Zurückweisung aller Migranten ohne Papiere angeordnet. Ausgenommen sind nur sogenannte "vulnerable Gruppen". Die Bundespolizei muss das ab heute umsetzen. Bayerns Nachbarländern gefällt das Vorgehen nicht.
Einen Tag, nachdem der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die Zurückweisung von Asylsuchenden angeordnet hat, scheint am Grenzübergang Kiefersfelden alles wie gehabt. Die Bundespolizei kontrolliert hier schon länger intensiv. Für Anwohner und Reisende nichts Neues also.
Rainer Scharf von der Bundespolizeiinspektion Rosenheim betont, dass die intensivierten Grenzkontrollen "zeitlich und örtlich flexibel" stattfinden und die kontrollierenden Beamten nicht unbedingt Uniform tragen. "Man kann also nicht ausrechnen, wo gerade wie viele Beamte vor Ort sind."
Schutzersuchen hinfällig
Dass sich bei den Grenzkontrollen etwas verändert hat, bekamen heute schon ein Syrer und ein Palästinenser auf der A93 zu spüren. Beide waren Passagiere in einem Fernreisebus. Vor der Anordnung des Bundesinnenministeriums wäre geprüft worden, ob sie möglicherweise Anspruch auf Asyl in Deutschland haben. Neue Praxis ab heute: Die Polizei nimmt beide mit, erstattet Anzeige wegen unerlaubter Einreise und setzt die Männer in den nächsten Zug nach Kufstein in Tirol.
Ausgenommen von unmittelbaren Zurückweisungen sind "vulnerable Gruppen" wie Schwangere und Kleinkinder. Sie würden weiter an Erstaufnahmeeinrichtungen weitergeleitet, so ein Sprecher der Bundespolizei.
Kritik aus den Nachbarländern
Was ab diesem Zeitpunkt mit ihnen geschieht, ist völlig unklar. Vergangenen Herbst kündigte Österreichs Innenministerium bereits an, keine Personen zurückzunehmen, die an der deutschen Grenze abgewiesen werden.
Insgesamt sind Deutschlands Nachbarstaaten wenig erfreut über die Maßnahmen der neuen Bundesregierung. Das Justizministerium der Schweiz teilt via X mit, dass die Zurückweisungen aus Schweizerischer Sicht illegal seien. Außerdem bedauere der Alpenstaat, "dass Deutschland diese Maßnahmen ohne Absprache getroffen hat".
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) musste sich zu diesem Thema am Mittwochabend auch persönlich Kritik gefallen lassen – bei seinem Antrittsbesuch in Warschau.
Der polnische Premier Donald Tusk betont auf einer gemeinsamen Pressekonferenz: Polen werde keine Migranten aus Deutschland aufnehmen. Aus seiner Sicht müsse man sich eher um die Sicherung der EU-Außengrenzen kümmern. Versuche von neuen Kontrollen an Binnengrenzen seien "verknüpft mit großen Problemen".
Pro Asyl wirft Bundesregierung "Racial Profiling" an Grenzen vor
Kritik kommt auch von Pro Asyl. Die Flüchtlingsorganisation hat an der deutsch-polnischen Grenze bei Frankfurt (Oder) recherchiert und rechtswidrige Zurückweisungen von Asylbewerbern festgestellt. Sie wirft Grenzbeamten "Racial Profiling" vor - damit ist gemeint, dass etwa die Hautfarbe als Entscheidungsgrundlage für Kontrollen dient. Aus Sicht von Pro Asyl ein "erschreckendes Alarmzeichen".
Unsicherheiten in der Umsetzung
Wie rechtssicher die verschärften Grenzkontrollen sind, wird sich erst noch zeigen müssen. Wie Gerichte entscheiden, wenn abgewiesene Migranten mit berechtigtem Asylanspruch klagen, lässt sich nicht vorhersagen. Viele Juristen zweifeln die Rechtmäßigkeit pauschaler Zurückweisungen an.
Bundespolizei an Kapazitätsgrenze?
Hinzu kommen die Kapazitäten der Bundespolizei. In Kiefersfelden arbeiten die Beamten schon jetzt in 12-Stunden-Schichten. Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei geht davon aus, dass die Polizisten jetzt viele Überstunden aufbauen. "Genau deswegen ist es vermutlich eine Situation, die wir nicht so lange durchhalten können als Bundespolizei."
Im Video: Zurückweisung an der Grenze - Darf der Innenminister das?
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Quelle: BR24 08.05.2025 - 16:00 Uhr