Barrierefreiheit für Schwerbehinderte  verbessert die "Toilette für alle"

Bayern Mehr Barrierefreiheit mit "Toiletten für alle"

Stand: 23.06.2025 05:18 Uhr

Die Münchner Stiftung "Leben pur" setzt sich für barrierefreie Sanitäranlagen ein, die mit Lifter und Liege auch für Schwerbehinderte nutzbar sind. Eine kostenfreie App hilft jetzt Betroffenen und Pflegenden, diese "Toiletten für alle" zu finden.

Von Monika Haas

Menschen mit schwerer Behinderung brauchen besondere Sanitäranlagen, damit sie an Berufsleben und Freizeitaktivitäten teilhaben können. Sogenannte "Toiletten für alle" bieten auf rund zwölf Quadratmetern ausreichend Platz für Rollstühle und Pflegepersonen. Beim Umsetzen auf das rollstuhlgerechte Sitz-WC hilft ein elektrischer Personen-Lifter. Menschen mit schwerer komplexer körperlicher oder geistiger Einschränkung können auch auf einer höhenverstellbaren Liege samt Dusche versorgt werden.

Über 180 Standorte solcher Pflegetoiletten bundesweit verzeichne jetzt eine kostenfreie Handy-App, erklärt Josefine Hille von der Münchner  Stiftung Leben pur. "Sie ermöglicht es unserer Zielgruppe auch unterwegs, sich besser zu orientieren und "Toiletten für alle" in ihrer Nähe zu finden.

"Toiletten für alle" gibt es an 53 Standorten in Bayern

Etwa auf dem Andechser Berg, in Kempten, Regensburg oder Würzburg gibt es bereits diese Pflegetoiletten. Julian Wendel hatte sich als Behindertenbeauftragter in der Stadt Würzburg für eine solche barrierefreie Sanitäranlage in der Innenstadt eingesetzt, denn sie verbessere die Lebensgestaltung von Menschen mit schwerer Behinderung ganz erheblich, erklärt Wendel. Wendel ist selbst aufgrund einer Muskelerkrankung auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen. "Wenn man so eine Toilette nicht hat, ist man extrem eingeschränkt, im ganz normalen Tagesablauf. Bevor es die Toilette für alle gab, musste ich nach spätestens fünf Stunden meinen Heimweg antreten, weil ich nur zuhause aufs Klo konnte."

Vorreiter ist München mit insgesamt 23 "Toiletten für alle", bundesweit hat die Stiftung "Leben pur" 187 Standorte gefördert. Das bayerische Sozialministerium unterstützt die Initiative, die auch interessierte Kommunen oder Gaststätten bei Baumaßnahmen berät.

Behindertenbeauftragter: Toiletten sollen bekannter werden

Bayerns Behindertenbeauftragter Holger Kiesel möchte die "Toiletten für alle" noch bekannter machen, damit Menschen mit schwerer Behinderung besser am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. "Das ist ein großer Mehrwert, für eine Bevölkerungsgruppe, die sonst schon eh oft nicht die Freiheiten hat, die sie eigentlich haben sollte. Er möchte Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen auch dazu ermutigen, die "Toiletten für alle" in Verwaltungsgebäuden zu nutzen. Denn die seien für alle Menschen zugänglich, zumindest während der Öffnungszeiten der jeweiligen Behörde.

Mehr Freizeitmöglichkeiten mit Angehörigen

Beate Bettenhausen ist Vorsitzende der Stiftung "Leben pur". Sie betont, dass die "Toiletten für alle" exklusiv für Menschen mit Behinderungen reserviert seien. Mit einem Schwerbehindertenausweis können Berechtigte einen sogenannten Euroschlüssel bei ihrer Kommune beantragen, der dann die Sanitäreinrichtungen öffnet. Bettenhausen hat einen erwachsenen Sohn mit komplexer Behinderung. Ihr ist wichtig, dass die "Toiletten für alle" auch Angehörigen wie Familie und Freunden das Leben erleichtern. Denn ohne diese Infrastruktur trauen sich viele nicht zu, mit einer schwerbehinderten Person Reisen, Ausflüge oder einen Stadtbummel zu unternehmen.

Mehr Inklusion und die Planung gemeinsamer Unternehmungen solle  die neue App deshalb erleichtern. Die Nutzer können auch neue Standorte eintragen, denn weitere Pflegetoiletten sind geplant oder in Bau.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Quelle: radioWelt 23.06.2025 - 06:00 Uhr