
Bayern Landflucht: Junge Menschen sind heimatverbundener als gedacht
Alternde Gesellschaft und Landflucht – der demografische Wandel bringt Herausforderungen mit sich. Welche, das wird auf dem Demografie-Kongress in Nürnberg diskutiert. Ein positiver Ausblick: Heimat hat für viele Junge einen hohen Stellenwert.
Mit einem Hammer klopft Joshua Koch auf eine silberne Platte. Mit Spezialwerkzeug biegt und hämmert er sie so lange, bis eine Fensterbank entsteht. Der 20-Jährige arbeitet als Spengler in der Dachdeckerei Märkl im mittelfränkischen Langenzenn. Mittlerweile ist Joshua ausgelernt. Für den jungen Mann war immer klar: Er will in der Region bleiben. "Hier habe ich eigentlich alles, hier ist die Familie. Ich habe mich hier immer schon wohl gefühlt und hätte auch keine Gründe, warum ich gehen sollte."
Ein guter Job ist jungen Leuten wichtig
So wie Joshua geht es vielen jungen Menschen – sie wollen in ihrer Heimat bleiben. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Soziologie-Professorin Sabine Fromm von der TH Nürnberg. Der Studie zufolge sind vor allem junge Männer in ihrer jeweiligen Region verwurzelt. Ein wichtiger Anker sind für sie auch Vereinsmitgliedschaften.
Laut Prof. Fromm hat Heimat einen wichtigeren Stellenwert für junge Menschen, als man denkt. Ein Ergebnis, das auch die Wissenschaftlerin überrascht hat. Und: Ein Grund für viele junge Menschen, um in der Heimat zu bleiben, ist ein guter Arbeitsplatz. "Also nicht irgendwelche völlig abgefahrenen, ungewöhnlichen Dinge, sondern diese jungen Leute sind einfach auch an Sicherheit orientiert", sagt die Soziologin. Diese Erkenntnis stelle eine große Chance für Unternehmen im ländlichen Raum dar.
Kleine Wohnungen für Junge fehlen auf dem Land
Ihre Ergebnisse trägt Sabine Fromm an Gemeinden, Landkreise und Unternehmen heran, um die Situation von jungen Menschen zu verbessern und sie im ländlichen Raum zu halten. Durch die Studie haben Fromm und ihre Mitarbeiter zum Beispiel herausgefunden, dass in ländlichen Regionen vor allem kleine Wohnungen fehlen. Diese seien für Studierende und Auszubildende aber wichtig, um sich dort niederlassen zu können.
Sprache der Jugend sprechen
Im Landratsamt Fürth gibt es eine eigene Stelle, die Firmen dabei unterstützt, Azubis zu gewinnen und in der Region zu halten. Zuständig dafür ist Patrick Schubert. Nach seiner Erfahrung ist es wichtig, die Sprache der Jugendlichen zu sprechen. Für Unternehmen sei es essenziell, auch in den Sozialen Medien präsent zu sein und vor allem das Handwerk attraktiv darzustellen.
Ein neues Projekt ist der interaktive Arbeitsmarktplatz "Talent2Maker" (externer Link). Auf der bunt animierten Online-Seite präsentieren sich rund 70 Unternehmen. Berufseinsteiger können in den Firmen einen virtuellen 360-Grad-Rundgang machen. Das Projekt tourt ab Herbst auch mit einer VR-Brille durch Schulen. Erste Rückmeldungen seien positiv, so Schubert.
Engagement der Firmen zahlt sich aus
Auch die Dachdeckerei Märkl aus Langenzenn präsentiert sich dort virtuell. Chef Michael Märkl und sein Team versuchen schon seit einigen Jahren, verstärkt Jugendliche anzusprechen und für ihr Handwerk zu gewinnen. Das machen sie durch Social-Media-Auftritte, Jobmessen und Präsenz an Schulen. Laut Märkl zahlt sich das Engagement aus. Mittlerweile habe er keine Probleme mehr, Azubis zu finden. "Wir gehen sehr stark auf die Jugendlichen zu. (…) Und das hilft uns massiv, diesen Fachkräftemangel auszugleichen. Bis hin zu Fällen, die wir schon hatten, die dann offen gesagt haben, es ist mir eigentlich egal, was ich lerne oder was ich arbeite, Hauptsache ich arbeite bei euch. Wo ich dann sehe, dass die Arbeit, die wir da tun, echt Früchte trägt."
Demografischer Wandel als Chance
Weitere Projekte und Forschungsergebnisse, die helfen können, junge Leute in der Region zu halten, werden heute auf dem Ersten Bayerischen Demografie-Kongress in der Nürnberger Meistersingerhalle vorgestellt. Veranstalter ist das Heimat- und Finanzministerium. Es gibt neue Denk- und Lösungsansätze zu den Themen Mobilität, Bildung, Pflege und Arbeitsmarkt. Vor allem soll erläutert werden, welche Probleme, aber auch welche Chancen der demografische Wandel mit sich bringt.
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Quelle: Frankenschau aktuell 08.05.2025 - 17:30 Uhr