(Symbolbild) Ein Plantschbecken ohne Besucher

Bayern Können sich die Gemeinden noch Freibäder leisten?

Stand: 06.05.2025 05:19 Uhr

Über die Hälfte der kommunalen Schwimmbäder in Bayern sind in einem schlechten Zustand. Ein Draufzahlgeschäft waren sie immer, doch inzwischen sollen die Kosten rasant steigen. Für viele Kommunen ist das eine enorme finanzielle Herausforderung.

Von Arno Trümper

Es ist die Ruhe vor dem Ansturm. Spiegelglatt glitzert die Wasseroberfläche in der Sonne. Das Grafinger Freibad wird am 10. Mai öffnen. Bis dahin muss noch einiges geputzt, repariert und gewartet werden. Alles soll perfekt funktionieren, durchgehend, bis zum Ende der Saison in etwa fünf Monaten.

Personal ist größter Kostenfaktor im laufenden Betrieb

Sandra Friesinger ist Betriebsleiterin und führt zusammen mit ihren sechs Mitarbeitern das Freibad in Grafing. Etwa eine Million Euro kostet der Betrieb jedes Jahr. Die Gehälter der Mitarbeiter sind dabei der größte Kostenfaktor. "Früher haben zwei Angestellte das ganze Bad betrieben. Sie haben hier quasi den Sommer über gewohnt und hunderte Überstunden gemacht. Die haben sie dann im Winter abgefeiert". Eine Zwölfstundenschicht nach der andern, sieben Tage die Woche, das sei die Regel gewesen.

"Heute undenkbar", so Christian Bauer, Bürgermeister von Grafing, der vor der Eröffnung des Bades noch einmal vorbeischaut. Eine ganze Reihe von Vorschriften und Gesetzen verbiete das: "Wenn etwas passiert und der Bademeister war seit 11 Stunden auf den Beinen, dann bekommen er und die Stadt Grafing vor jedem Gericht Probleme."

Besucher wollen mehr Attraktionen und Komfort

In den Siebzigerjahren hatte das Bad noch keinen Sprungturm und keine Wasserrutschen. Dafür brauchen sie heute zusätzliches Aufsichtspersonal, aus Sicherheitsgründen. Die Gäste würden heute auch mehr Komfort und Sauberkeit erwarten. "Für all das brauche ich heute mehr Leute und auf der anderen Seite erhöht jeder zusätzliche Angestellte das Defizit", so der Bürgermeister.

Etwa 400.000 Euro bringen die Eintrittsgelder, gut ein Drittel der Kosten für den jährlichen Unterhalt. Den Rest müsse die Gemeinde zuschießen. Zum Vergleich: Die Therme Erding, 30 Autominuten nördlich von Grafing, verlangt in den Ferien für die Tageskarte 57 €. So etwas wolle man in Grafing nicht. Jeder solle sich das Baden leisten können, betont der Bürgermeister.

Der Unterhalt wird unbezahlbar

"Wir haben unser Freibad 2008 renoviert und sind froh darüber. Für andere Gemeinden, die den Zeitpunkt verpasst haben, ist es heute unbezahlbar", sagt Bürgermeister Bauer. Kürzlich habe die Nachbargemeinde ihr Schwimmbad geschlossen.

Der Direktor des Bayerischen Gemeindetags, Hans-Peter Mayer, sitzt in seinem Büro in München und hält den Ausdruck einer parlamentarischen Anfrage(externer Link) vom September 2024 in den Händen. Danach gab es im Januar 2022 867 öffentliche Schwimmbäder im Freistaat. Davon wurden insgesamt 229 als sanierungsbedürftig gemeldet und 223 als dringend sanierungsbedürftig. Das sei mehr als die Hälfte und "der Finanzbedarf dafür liegt bei über einer Milliarde Euro“, sagt Hans-Peter Mayer.

Die Staatsregierung habe zwar ein Förderprogramm aufgelegt und mit 160 Millionen bis Ende 2026 ausgestattet. "Da fehlen einfach 840 Millionen Euro und viele Gemeinden können sich das einfach nicht leisten", so Mayer. Laut Bauministerium wurden zwischen 2019 und 2022 fünfzehn öffentliche Bäder geschlossen. Mayer geht davon aus, dass in den kommenden Jahren weitere Bäder schließen müssen.

Schwimmbäder haben auch eine soziale Bedeutung

Sandra Friesinger, die Betriebsleiterin, kommt ins Schwärmen, wenn sie von ihren Grafinger Stammgästen spricht. "Da sind sehr, sehr viele alte Menschen, die sich hier beim Schwimmen fit halten und sich zum Ratschen treffen. Genauso die Jugendlichen, die direkt nach der Schule herkommen. Man kennt sich ja hier persönlich. Es wäre eine Katastrophe für das Leben in der Gemeinde, wenn wir das Schwimmbad nicht mehr hätten."

Bis zu 3.000 Gäste an heißen Sommertagen seien ein Beleg für die Beliebtheit des Bades. Ab diesem Sommer wird der Eintritt sechs statt fünf Euro kosten. So leisteten auch die Bürger ihren Beitrag zum Unterhalt des Bades, der Rest müsse weiterhin aus dem Etat der Stadt Grafing zugeschossen werden. Trotzdem ist Bürgermeister Christian Bauer fest entschlossen: "Unser Schwimmbad werden wir weiter betreiben, das ist sicher!"

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Quelle: BR24 06.05.2025 - 07:00 Uhr