Verschwendete Flächen durch Gewerbe

Bayern Flächenverbrauch: Auf jeden Quadratmeter kommt es an

Stand: 23.06.2025 05:23 Uhr

Vor sieben Jahren startete ein Bündnis aus Umweltverbänden und Parteien ein Volksbegehren gegen den Flächenverbrauch. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof stoppte es: Seitdem ist es still geworden um das Thema - trotz des weiter hohen Verbrauchs.

Von Peter Kveton

Es war 2018, da hatte ein Bündnis aus Grünen, ÖDP, Umweltverbänden und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft ein Volksbegehren gegen den großen Flächenverbrauch gestartet: Dieser sollte gesetzlich auf fünf Hektar täglich beschränkt werden. Die notwendigen Unterschriften waren schnell zusammen, aber der Bayerische Verfassungsgerichtshof stoppte das Begehren: Es würde die kommunale Planungshoheit zu sehr einschränken, hieß es zur Begründung. Die Initiatoren wollten nicht aufgeben, bisher gab es aber keinen neuen Anlauf.

Koalition will Flächenverbrauch beschränken

Rund elf bis zwölf Hektar Fläche sind in Bayern in den vergangenen Jahren täglich verbraucht worden. CSU und Freien Wähler hatten das Volksbegehren vor sieben Jahren zwar abgelehnt, im aktuellen Koalitionsvertrag steht aber: "Wir streben eine Halbierung der Flächenneuinanspruchnahme auf 5 Hektar pro Tag bis 2030 an, wobei ein besonderes Augenmerk auf die tatsächliche Versiegelung zu richten ist."

Der letzte Satz ist wichtig, insbesondere für den für Landesentwicklung zuständigen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Dieser erklärt den Begriff Flächenverbrauch so: "Erstmalige planerische Inanspruchnahme von Fläche." Tatsächlich versiegelt werde aber gerade einmal die Hälfte der täglich verbrauchten Fläche, also die angestrebten fünf Hektar. "Der Rest ist Flächenausgleich, ist Grünfläche ums Haus herum, ist Geh- und Radweg-Begleitböschung und so weiter." Das sei vielleicht sogar "ökologischer als vorher", schlage aber trotzdem zu Buche.

Nicht alles versiegelt eine Fläche

Aiwanger bekräftigt zwar den Willen, beim Flächenverbrauch "weiterhin zu sparen", warnt aber vor Aktionismus. "Von diesen elf Hektar, die wir täglich in Bayern verbrauchen, ist ja ein Viertel auch Freiflächen-PV. Jetzt kann ich sagen, ich baue keine Photovoltaik-Anlagen mehr." Damit würde schnell weniger Fläche in Anspruch genommen, aber die Energiewende drohe dann auf der Strecke zu bleiben.

Darauf verweist auch Landtags-Vizepräsident Ludwig Hartmann von den Grünen. Er war einer der Initiatoren des ursprünglichen Volksbegehrens. Er plädiert dafür, Photovoltaik-Flächen mit anderen Nutzungen zu verbinden: "Unter den Solarmodulen kann beispielsweise eine Weidefläche vorhanden bleiben. Es kann ein Magerrasen angelegt werden, der Teil eines Biotop-Verbundes wird. Es gibt viele Möglichkeiten, auch Landwirtschaft, Naturschutz und PV-Freiflächenanlagen auf der gleichen Fläche gemeinsam umzusetzen und zu verbinden."

Wohnraum gegen Fläche?

Der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt, ist zwar auch dafür, den Flächenverbrauch einzudämmen. Er sieht Bayern dabei aber auf einem guten Weg und warnt vor zu engen allgemeinen Regeln: "Starre Obergrenzen versperren den Weg zu allen Zielen, die wir beim Wohnungsbau, Klimaschutz und Mobilität sowie generell zur Erhöhung unserer Standortqualität erreichen müssen."

Die Wohnungsnot sieht auch Grünen-Politiker Hartmann. Seiner Meinung nach gibt es aber noch Alternativen, wie der Not entgegnet werden kann, ohne alles zuzubauen: "Da wird Vieles auch stattfinden mit Maßnahmen, wie einer Nachverdichtung, beziehungsweise Aufstocken bestehender Gebäude." Hartmann plädiert auch dafür, bestehende leerstehende Gewerbegebäude in Wohnungen umzuwandeln. Insbesondere in Bürogebäuden könnten Wohnungen entstehen, weil immer mehr Menschen im Home-Office seien und viele Büros einfach nicht mehr gebraucht würden.

Wirtschaftsvertreter Brossardt ist da eher skeptisch. Er sieht, wie die Einwohnerzahlen in Ballungsgebieten zunehmen. Und die Wirtschaft braucht diese Menschen: "Dieser Bevölkerungszuwachs ist notwendig für den Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig führt das zu einem steigenden Bedarf an Wohnflächen, der nicht durch Nachverdichtung der Siedlungsräume erreicht werden kann."

Kein neues Volksbegehren in Sicht

Ein neuer Vorstoß für ein Volksbegehren gegen den hohen Flächenverbrauch ist momentan nicht in Sicht. Und vor allem: Wie könnte es aussehen, um nicht Gefahr zu laufen, erneut vor dem Verfassungsgerichtshof zu scheitern.

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Quelle: BR24 im Radio 21.06.2025 - 07:03 Uhr