
Baden-Württemberg Nach Unfall am Stuttgarter Olgaeck: Mann erhält wegen Verwechslung Drohmails
Nach dem tödlichen Autounfall am Olgaeck ist ein Unternehmer aus Detmold beschimpft und bedroht worden. Er wurde von vielen Menschen für den Stuttgarter Unfallfahrer gehalten.
Der tragische Unfall am vergangenen Freitag am Olgaeck in Stuttgart hat viele Menschen betroffen gemacht: Ein Mann fuhr mit seinem Geländewagen in eine Gruppe von Menschen. Eine Frau starb danach, sieben Menschen wurden verletzt. Völlig unerwartet hat der Unfall auch Auswirkungen auf einen Mann und sein Unternehmen im knapp 400 Kilometer entfernten Detmold in Nordrhein-Westfalen.
Die Geschichte von "Markus S." zeigt die Dynamiken des Internets
Freitagabend, Olgaeck Stuttgart. Ein tragischer Unfall. Eine Frau wird getötet, viele Menschen verletzt. Die "Bild"-Zeitung berichtet am Samstag über den möglichen Unfallverursacher. Er wird zu seinem Schutz mit einem fiktiven Namen versehen: Markus S. Dazu Informationen wie: "Selfmade-Millionär Markus S. (*Name geändert) [...] Er ist ein Pionier des Onlinehandels, machte seinen Shop schließlich zum Weltmarkt-Führer und wurde dadurch selbst mehrfacher Millionär."
Und plötzlich liest der echte Markus S. "An die Wand mit Dir"
Knapp 400 Kilometer entfernt, in Detmold in Nordrhein-Westfalen, lebt und arbeitet ein "echter Markus S.". Auf ihn treffen die gleichen Begriffe zu, etwa "Selfmade-Millionär", erfolgreich im Onlinehandel, auch das Alter ist ähnlich. Es ist Markus Schön, Chef der Buero.de Handel AG. Als ihn am Samstagabend online Nachrichten erreichen wie "An die Wand mit Dir" oder "Millionen machen, aber dann nicht Auto fahren können", googelt er sich selbst und versteht recht schnell, was gerade falsch läuft.

Markus Schön, Chef der Buero.de Handel AG
Gibt man die entsprechenden Schlagwörter und den fiktiven Namen bei Suchmaschinen wie Google ein oder bei der KI-Anwendung ChatGPT, dann wird der Detmolder Markus Schön mit dem Unfallverursacher verknüpft. Eine fatale Kombination. Schön sagt selbst: "Es ist die Kombi aus Autovervollständigung in den Suchmaschinen, KI und dem Artikel mit unglücklicher Namenswahl."
Die Zahlen gehen signifikant nach unten
Nach Erscheinen des Online-Artikels gehen "die Käufe der online-Kunden signifikant nach unten. Ich dachte: Niemand hier hat was Schlimmes gemacht, und trotzdem brechen unsere Umsätze ein", so Schön. Wie lange das gehen wird, weiß zu diesem Zeitpunkt niemand. Das Online-Team der Unternehmensgruppe fragt sich: "Welche Eigendynamik hat das?" Begriffe wie Umsatzeinbruch und Zukunftssorgen stehen im Raum. Aber: "Alles unbedeutend gegen das Schicksal der Unfallopfer", so der buero.de-Chef.
Wann ist es zu Ende? Das war völlig unklar. Markus Schön, buero.de Handel AG
"Für mich liegt der Fehler nicht allein bei der 'Bild'. Das haben die zwar extrem unglücklich gemacht, hätten einfach mal Markus S. googeln können, dann findet man sehr schnell mich, dann sehr schnell Internet, dann e-commerce. Das hätte man dann einfach vermeiden können."
Er ist den Umgang mit Medien gewohnt, auch mit sozialen Netzwerken, "aber wenn Sie als Mörder bezeichnet werden, das ist eine Dimension, die will man nicht haben". Markus Schön macht im Interview einen aufgeräumten Eindruck. Eine Gegendarstellung will er nicht, das mache die Sache nur unnötig größer. Wichtig sei für ihn, dass die Welle bereits wieder abebbe, sein Unternehmensverbund nochmal an der Katastrophe vorbei schrammte.
Oh Papa, nicht schon wieder! Schöns ältestes Kind zu den vielen Drohmails
Der Shitstorm ist ein Déjà-vu für die Familie
Und auch die Familie erlebt ein kurzes, unangenehmes Déjà-vu: 2022 plant Markus Schön, 47 Filialen der angeschlagenen Galeria Kaufhof-Gruppe zu übernehmen, es kommt nicht dazu. Die mediale Aufmerksamkeit damals sorgt dafür, dass das älteste Kind so stark gemobbt wird, dass es die Schule wechselt. "Oh Papa, nicht schon wieder!", hört er am Wochenende. Er versichert, dieses Mal sei es anders.