Im Bundestag gratulieren mehrere Leute dem neuen Kanzler Merz.

Baden-Württemberg Merz im zweiten Anlauf zum Kanzler gewählt: Glückwünsche, aber auch Kritik aus BW

Stand: 06.05.2025 21:23 Uhr

Friedrich Merz (CDU) ist im zweiten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt worden. Nach dem gescheiterten ersten Wahlgang zeigen sich Politiker aus Baden-Württemberg nun erleichtert.

Im ersten Wahlgang hatte es nicht geklappt, im zweiten dann doch: Friedrich Merz (CDU) ist zum Bundeskanzler gewählt worden. Mindestens 316 Ja-Stimmen hatte Merz gebraucht, letztendlich wurde er mit 325 Stimmen zum neuen Bundeskanzler gewählt. Spitzenpolitiker aus Baden-Württemberg haben mit großer Erleichterung auf die Wahl reagiert.

Für Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) war nicht absehbar, dass Merz im ersten Wahlgang scheitern würde. Frei stammt aus Donaueschingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) und ist selbst erst frisch im Amt. "Es gab keine Anzeichen, die das hätten vermuten lassen", sagte Frei dem SWR am Dienstag. Dass es zwei Wahlgänge gebraucht hat, sieht der CDU-Politiker aber nicht als Belastung für die Koalition. Er habe vielmehr den Eindruck gehabt, dass dieser Tag die Koalition nochmal zusammengeschweißt habe, sagte Frei.

Kretschmann: Diese Regierung darf nicht scheitern

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wünschte der neuen schwarz-roten Bundesregierung "eine glückliche Hand bei der Bewältigung der vor ihr liegenden Aufgaben". "Diese Regierung darf nicht scheitern, das kann kein Demokrat wollen", erklärte der Grünen-Politiker.

Zudem betonte der Regierungschef, der Erfolg staatlichen Handelns und einer Regierung bemesse sich nicht allein an politischen Entscheidungen. Eine Rolle dabei spiele auch die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, "notwendige Veränderungen mitzugehen und an der Erneuerung unseres Landes mitzuwirken".

CDU-Chef Hagel: Die Segel sind gesetzt

CDU-BW Chef Manuel Hagel gratulierte Merz auf der Social-Media Plattform "X". "Die Segel sind gesetzt", schrieb Hagel nach der Wahl. Jetzt könne es losgehen, "für ein Land, dass in Europa wieder Verantwortung übernimmt".

Nach der turbulenten Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum Bundeskanzler gab es auch von der politischen Konkurrenz herzliche Glückwünsche. SPD-Parteichefin Saskia Esken etwa gratulierte Merz mit einer Umarmung und zwei Wangenküssen. Die beiden Politiker waren bislang nicht durch gegenseitige Sympathiebekundungen aufgefallen.

Gescheiterte erste Kanzlerwahl: Reaktionen aus BW

Nach Merz Wahl: SPD-Landeschef Stoch zeigt sich erleichtert

SPD-Landeschef Stoch zeigte sich im SWR erleichtert, dass Friedrich Merz nun zum Kanzler gewählt worden ist. Ähnlich äußert sich der Grünen-Landesvorsitzende Pascal Haggenmüller: Die neue Regierung Merz sei mit einem tiefblauen Auge davongekommen, CDU/CSU und SPD müssten nun dafür sorgen, dass verlässlich regiert werde.

Der AfD-Co-Landesvorsitzende Frohnmaier verweist auf die Unterstützung der Linkspartei für das Zustandekommen des zweiten Wahlgangs. Damit habe Merz für eigene Ambitionen den letzten Grundpfeiler der CDU geopfert.

Brantner: Es liegt am neuen Kanzler

Auch die Grünen-Bundesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete aus Heidelberg, Franziska Brantner, äußerte sich zur Wahl von Merz. "Der Platz großer Europäer in der CDU ist seit langem frei", schrieb sie auf der Social-Media Plattform "X". Ob Merz den Platz blockieren oder besetzen werde, liege am neuen Kanzler.

Merz im zweiten Anlauf zum Kanzler gewählt: Eindrücke aus Berlin

Diese BW-Politiker sitzen im Kabinett Merz

Baden-Württemberg wird nach der Wahl von Friedrich Merz in Sachen Ministerposten in der nächsten Koalition besser vertreten sein als in der Ampel. Die BW-CDU stellt Thorsten Frei als Kanzleramtsminister und Nina Warken als Gesundheitsministerin. Zudem geht Gunther Krichbaum (CDU) als Staatsminister für Europa ins Außenministerium.

Für die BW-SPD hat es nicht zu einem Ministerposten gereicht, wie schon in der Ampelkoalition. Die Sozialdemokraten können jedoch drei Staatssekretärsposten für sich verbuchen: Katja Mast aus dem Wahlkreis Pforzheim wird Parlamentarische Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit und Soziales mit Ressortchefin Bärbel Bas. Nils Schmid aus dem Wahlkreis Nürtingen geht ins Verteidigungsministerium zu Boris Pistorius. Zudem wird Rita Schwarzelühr-Sutter aus dem Wahlkreis Waldshut Staatssekretärin im Umweltministerium.

Politikexperte: Scheitern im ersten Wahlgang hat historische Bedeutung

Bereits nach der gescheiterten Wahl am Dienstagvormittag hatte Michael Wehner, Leiter der Außenstelle Freiburg der Landeszentrale für politische Bildung, gesagt, eine solche Wahlniederlage sei nichts Dramatisches. Auf Bundesländerebene habe man das immer wieder mal erlebt, dort seien teilweise amtierenden Ministerpräsidenten im ersten Wahlgang nicht gewählt worden.

Zudem sagte Wehner die Wahl Merz' zum Bundeskanzler vorher: "Die Fraktionsdisziplin wird vermutlich dazu führen, dass Herr Merz im zweiten Wahlgang gewählt wird."

CDU-Sozialflügel: Gescheiterter erster Wahlgang ist eine Katastrophe

Der Sozialflügel der CDU bezeichnete die gescheiterte Kanzlerwahl von Friedrich Merz als Katastrophe für das ganze Land. Deutschland verliere derzeit 10.000 Industriearbeitsplätze pro Monat und brauche dringend eine stabile Regierung, sagte der Vize-Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, der Deutschen Presse-Agentur. 

Das Scheitern im ersten Wahlgang habe Merz mit Blick auf seine künftig angedachte Rolle nicht gerade gestärkt, etwa wenn er als Kanzler bald auf internationaler Bühne auftreten werde und Präsidenten wie Macron und Trump treffen müsse. "Er muss damit rechnen, dass ihm die Frage gestellt wird, wie stabil seine Regierung ist und wie belastbar seine Aussagen sind."

Wahlschlappe im ersten Anlauf: Wie konnte das passieren?

Nach der Niederlage im ersten Wahlgang stellt sich Frage: Wer ist verantwortlich für dieses Desaster? Auch in Baden-Württemberg rätselten Politikerinnen und Politiker, wer da im Bundestag sein Mütchen kühlen wollte. Bei CDU und SPD verdächtigte man den jeweils anderen, wollte aber nicht öffentlich darüber reden. Aus der BW-CDU hieß es hinter vorgehaltener Hand, man gehe davon aus, dass die Jusos und die SPD-Linke ihre Abgeordneten bearbeitet hätten.

Zudem gab es in der SPD Unmut über den Parteivorsitzenden und designierten Vize-Kanzler Lars Klingbeil. Dieser habe vor allem Vertraute ins Kabinett berufen und zum Beispiel seine Co-Chefin Saskia Esken vom Linken-Flügel übergangen. Auch das könne Stimmen gekostet haben, hieß es auch in SPD-Kreisen. Noch ist unklar, ob Esken aus dem Wahlkreis Calw überhaupt Parteichefin bleibt.

Heilbronner IHK-Präsidentin spricht von "Debakel"

Klare Worte für die Wahl von Friedrich Merz findet Kirsten Hirschmann, die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Heilbronn-Franken. Auf Anfrage des SWR teilt sie mit, dass sie über den erfolgreichen zweiten Wahlgang erleichtert sei. "Dennoch ist das Wahldebakel heute ein fatales Signal für die politische Handlungsfähigkeit in Deutschland."

Der Präsident der Handwerkskammer (HWK) Heilbronn-Franken, Ralf Rotheburger, fordert Einigkeit untern den gewählten Volksvertretern. Zudem wünsche er sich vor allem ein schnelles Handeln der neuen Bundesregierung um Kanzler Merz. Es gebe genug Themen, die man jetzt schnell angehen müsse - zum Beispiel den Bürokratieabbau oder das Lieferkettengesetz. 

Sendung am Di., 6.5.2025 16:30 Uhr, SWR1 BW Nachrichten

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