Ursula von der Leyen

Karlspreis für von der Leyen Vielleicht die Richtige zur richtigen Zeit

Stand: 29.05.2025 11:43 Uhr

Als Ursula von der Leyen das erste Mal zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt wurde, versprach sie, für Europa zu kämpfen - und das musste sie auch. Heute wird sie dafür in Aachen mit dem Karlspreis ausgezeichnet.

Die EU ist ihr in die Wiege gelegt worden. Ursula von der Leyen ist in Brüssel geboren. Doch es sollten viele Jahre als Medizinerin, Ministerin und Mutter vergehen, bis sie mit 61 Jahren erstmals zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt wurde, eine Art Regierungschefin Europas. Sie war die erste Frau und die zweite Deutsche, die in dieses Amt gewählt wurde. Damals, 2019 versprach sie "ein vereintes und starkes Europa, das bereit ist, für die Zukunft zu kämpfen."

Bei diesem Kampf ging es dann bald buchstäblich um Leben und Tod. Erst die Corona-Pandemie und dann seit mehr als drei Jahren wieder Krieg in Europa. Die Erschütterung, die der Kontinent durch den Angriff Russlands erlebt, verglich sie mit dem Fall der Berliner Mauer.

Ursula von der Leyen war von Anfang an wahrscheinlich die größte Unterstützerin des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Knapp zehnmal reiste sie persönlich in die Ukraine, setzte Sanktionen gegen Russland durch, führte Beitrittsgespräche, überwies Milliarden, damit der Alltag im Land funktioniert.

Krisenmanagement ist ihre Stärke

Die Krieg hat die 27 Mitgliedstaaten stärker zusammengeschweißt. Auch wenn mit Ungarn ein Putin-Freund mit am Tisch sitzt. Die Stimmen, die einen Austritt aus der EU befürworten, sind jedenfalls kaum mehr hörbar. Allein, so die Erkenntnis in den meisten Hauptstädten, wird kein Land die aktuellen Bedrohungen bewältigen können.

Krisenmanagement - das sei eine Stärke von der Leyens, so ihr Parteifreund Manfred Weber: Ob während der Corona-Krise, des Ukraine-Kriegs oder nach den Folgen des Brexit: Von der Leyen habe es geschafft, die Gemeinschaft zusammenzuhalten.

Beim Green Deal das Steuer herumgerissen

Außerdem sei es ihr gelungen, den Green Deal anzustoßen. Danach will die EU bis 2050 klimaneutral sein. Die Wirtschaft soll umgebaut werden, mehr erneuerbare Energien, umweltfreundliche Lieferketten, weniger Pestizide in der Landwirtschaft und der vielleicht größte Aufreger in Deutschland: keine neuen Benziner mehr ab 2035.

Für die Liberalen war das zu viel der Zumutungen, die FDP unter Führung der EU-Abgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat von der Leyen beim zweiten Mal nicht gewählt. "Wir waren mit ihrer ersten Amtsführung nicht zufrieden", sagt Strack-Zimmermann. Sie habe mehr Bürokratie zu verantworten, sich nur um den Green Deal gekümmert und nicht mitbekommen, dass dieser für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft Gift sei.

Inzwischen haben von der Leyen und ihre neue Kommission das Steuer herumgerissen. Vorschriften werden wieder eingesammelt wie Kamellen an Karneval. Den Grünen gefällt das zwar nicht, aber die sind seit der letzten Wahl geschwächt, und mit Donald Trump ist nun eine neue Krise aufgetaucht, um die sich von der Leyen kümmern muss.

Vielleicht die richtige Frau zum richtigen Zeitpunkt

Aufgewachsen ist von der Leyen mit fünf Brüdern, sie war Verteidigungsministerin, kennt Viktor Orban, den Umgang mit großen Egos ist sie inzwischen gewohnt. Sie sei eine starke Persönlichkeit, sagt Strack-Zimmermann, sie wolle der EU ihren Stempel aufdrücken - nicht einfach in der Zusammenarbeit, aber vielleicht die richtige Frau zum richtigen Zeitpunkt.

Vier Jahre bleiben von der Leyen, um die EU sicher, erfolgreich und klimafreundlicher zu machen. Alleine wird sie das nicht schaffen, dazu muss sie vor allem die Menschen mitnehmen, die in dieser Gemeinschaft leben. 

Sabrina Fritz, ARD Brüssel, tagesschau, 29.05.2025 06:24 Uhr

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 29. Mai 2025 um 12:00 Uhr.