Einsatzkräfte stehen in der Nähe des Tatorts in Graz.

Großeinsatz der Polizei in Österreich Elf Tote bei Amoklauf an Schule in Graz

Stand: 10.06.2025 19:43 Uhr

Ein 21-Jähriger hat an einer Schule in Graz mehrere Menschen erschossen - die meisten Opfer waren offenbar Schüler. Auch der Angreifer ist tot. Österreichs Kanzler Stocker sprach von einer "nationalen Tragödie".

Ein ehemaliger Schüler hat an einer Schule im österreichischen Graz mehrere Menschen erschossen. Neun der Opfer starben noch auf dem Gelände der Schule. Eine Frau, die in das Universitätsklinikum Graz eingeliefert worden war, erlag nach Angaben der Klinik am Abend ihren Verletzungen.

Österreichs Innenminister Gerhard Karner hatte zuvor noch mitgeteilt, dass es zwölf teils schwer Verletzte gebe. Sechs der neun in der Schule erschossenen Personen waren laut Karner weiblich, drei männlich. Bei den meisten Opfern handelt es sich laut Medienberichten um Schüler.

Pressekonferenz der österreichischen Behörden zum Amoklauf an einer Schule in Graz

tagesschau24, 10.06.2025 15:00 Uhr

Abschiedsbrief gibt keine Hinweise auf Motiv

Der Täter beging Suizid. Die Polizei geht davon aus, dass er alleine agierte. Bei ihm handelt es sich den Angaben nach um einen 21-Jährigen. Der österreichische Staatsbürger habe zwei Waffen mit sich geführt, die er augenscheinlich legal besessen habe, hieß es auf einer Pressekonferenz.

Sein Motiv ist unklar. Zwar sei bei einer Hausdurchsuchung bei dem mutmaßlichen Täter ein Abschiedsbrief in analoger und digitaler Form gefunden worden, in dem sich der junge Mann von seinen Eltern verabschiede, sagte Franz Ruf, Direktor für Öffentliche Sicherheit, am Abend im ORF. "Es kann aber aus dem Abschiedsbrief kein Motiv entnommen werden. Das ist Gegenstand der weiteren Ermittlungen."

Innenminister Karner ergänzte, dass es sich beim mutmaßlichen Schützen um einen früheren Schüler der Einrichtung gehandelt habe, der vorzeitig ohne Abschluss von der Schule gegangen sei.

Mehr als 300 Polizisten im Einsatz

Laut Polizeiangaben waren an dem Einsatz in der Dreierschützengasse in Graz und in deren Umgebung mehr als 300 Polizeikräfte beteiligt, darunter auch Spezialkräfte. Wie ein Sprecher des örtlichen Roten Kreuzes der Nachrichtenagentur dpa sagte, waren zudem mehr als 160 Rettungskräfte im Einsatz. Sie seien mit 65 Fahrzeugen angerückt. Auch mehrere Hubschrauber kamen zum Einsatz. Ein spezieller Alarmplan des Landes für die Versorgung zahlreicher Verletzter sei aktiviert worden.

Man sei zu Beginn von rund 50 Verletzten ausgegangen, sagte der Sprecher weiter. Daraufhin hätten die Kliniken ihre Kapazitäten zur Versorgung von Verletzten gemeldet.

Die Polizei hatte Schaulustige aufgerufen, keine Bilder oder Videos von dem Geschehen und dem Einsatz an der Schule in sozialen Netzwerken hochzuladen. Sie bat stattdessen darum, entsprechendes Material auf einer Seite des Innenministeriums hochzuladen. Hinweise würden auch bei jeder Polizeidienststelle entgegengenommen.

"Dieser Horror ist nicht in Worte zufassen"

Die Tat dürfte als bisher schlimmster Amoklauf in die Geschichte Österreichs eingehen. Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen zeigte sich tief erschüttert. "Dieser Horror ist nicht in Worte zufassen", schrieb der Bundespräsident auf X. Es gebe in diesem Moment nichts, was den Schmerz von Eltern und Großeltern, von Geschwistern, Freunden und Freundinnen lindern könne. "Österreich trauert." Jetzt sei Zusammenhalt geboten. "Heute und in den schweren Tagen, die kommen, wird unser Land zeigen, dass in diesem Miteinander seine Stärke liegt", so Van der Bellen weiter. 

Der österreichische Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach auf der Pressekonferenz in Graz von einer nationalen Tragödie. Er denke an die Opfer und Hinterbliebenen, sagte Stocker. Er sprach von einem unfassbaren Gewaltexzess. Für den Morgen des nächsten Tages kündigte er für 10 Uhr landesweit eine Trauerminute an. Alle öffentlichen Gebäude sind auf halbmast geflaggt und es gibt eine dreitägige Staatstrauer. Mario Kunasek (FPÖ), Landeshauptmann (Regierungschef) der Steiermark kündigte zudem an, dass es für drei Tage keine öffentlichen Veranstaltungen in dem Bundesland geben wird. Graz ist die Landeshauptstadt der Steiermark.

In Deutschland sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Anteilnahme aus. "Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer habe ich von der Gewalttat in Graz erfahren, bei der so viele unschuldige Menschen ihr Leben verloren haben", hieß es in einem Kondolenzschreiben an seinen österreichischen Amtskollegen Alexander van der Bellen. "Ihre deutschen Nachbarn sind im Herzen bei Ihnen", so Steinmeier.

Bundeskanzler Friedrich Merz schrieb in einem Kondolenzschreiben an Österreichs Kanzler Stocker, dass er die Nachrichten aus Graz mit großer Bestürzung vernommen habe. "Es erschüttert mich zutiefst, dass junge Menschen so jäh aus dem Leben gerissen wurden. Die Anteilnahme der Bundesregierung gilt den Familien der Opfer. Wir teilen ihren Schmerz und ihre Trauer." Den Verletzten wünschte Merz im Namen der Bundesregierung "rasche und möglichst vollständige" Genesung. "Wir hoffen, dass die Angehörigen in dieser dunklen Stunde Trost im Kreis der Familien und Freunde finden können."

Auch die EU-Kommission äußerte ihre Anteilnahme. "Wir möchten den Familien der Opfer und der ganzen Stadt Graz unser tiefstes Beileid aussprechen", sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. "Wir stehen gemeinsam in Trauer und suchen nach Klarheit nach diesem schrecklichen Ereignis in einer Schule". Es seien "absolut schreckliche und tragische Nachrichten".

Hilfe bei Suizid-Gedanken
Sollten Sie selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, suchen Sie sich bitte umgehend Hilfe. Bei der anonymen Telefonseelsorge finden Sie rund um die Uhr Ansprechpartner.

Telefonnummern der Telefonseelsorge: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 www.telefonseelsorge.de

Telefonberatung für Kinder und Jugendliche: 116 111 - www.nummergegenkummer.de