
Weltgesundheitsorganisation Was der neue WHO-Pandemievertrag bewirken soll
Die WHO-Mitgliedsländer haben einen Pandemievertrag beschlossen, um künftig besser für Pandemien gewappnet zu sein. Was beinhaltet der Vertrag? Und welche Streitpunkte gab es? Ein Überblick.
Warum ist ein Pandemievertrag nötig?
Die mehr als 190 Mitgliedsländer der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben den Vertrag verabschiedet, um im Fall von künftigen Pandemien Chaos zu vermeiden, wie es während der Corona-Pandemie der Fall war. Als sich 2020 das Sars-CoV-2-Virus von China aus in der ganzen Welt verbreitete, reagierten viele Länder mit Panik. Masken und Schutzmaterial waren knapp, Regierungen machten sich gegenseitig Bestellungen streitig, viele verhängten Ausfuhrsperren für solches Material, auch Deutschland.
Als zudem endlich ein Impfstoff da war, horteten Länder die Impfdosen. Die USA und Indien etwa stoppten sämtliche Ausfuhren. Und während in reichen Ländern schon die dritte Impfung verabreicht wurde, warteten Menschen in ärmeren Ländern noch auf die erste Lieferung.
Was soll der Vertrag ändern?
Um Zustände wie während der Corona-Pandemie zu vermeiden, sieht der Vertrag verschiedene Punkte zur Prävention vor. So verpflichten sich die Mitgliedsstaaten der WHO, ihre Gesundheitssysteme und die Überwachung des Tierreichs so zu stärken, dass Krankheitsausbrüche schnell entdeckt und möglichst im Keim erstickt werden.
Zudem sollen Lieferketten aufgebaut und gestärkt werden. Alle Länder sollen Zugriff auf Schutzmaterial, Medikamente und Impfstoff haben. Weltweit soll das Gesundheitspersonal zuerst versorgt werden.
Weiterhin soll der Transfer von Technologien und die Forschung ausgebaut werden: Pharmafirmen sollen ihr Wissen teilen, damit auch in anderen Ländern Medikamente und Impfstoffe produziert werden können.
Auch sollen DNA-Sequenzen von Pathogenen - also etwa Viren, Bakterien oder anderen Mikroorganismen - für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen frei zur Verfügung gestellt werden. Im Gegenzug sollen Impfstofffirmen der WHO zehn Prozent ihrer Produktion zur Verteilung in ärmeren Ländern spenden und weitere zehn Prozent zu günstigen Preisen abgeben.
Die Details dieses als "Pathogen Access and Benefit Sharing" (PABS) bezeichneten Austauschs wurden allerdings in einen Anhang ausgelagert, der noch ausgehandelt werden muss.
Gab es Streitpunkte in dem Vertragswerk?
In den gut dreijährigen Verhandlungen zum Pandemievertrag waren aufgrund unterschiedlicher Interessen zahlreiche Kompromisse nötig. Europäische Länder wollten zum Beispiel stärkere Auflagen bei der Prävention - Regierungen sollen demnach das Krankheitsgeschehen in der Tierwelt enger überwachen, weil Erreger von dort sich an Menschen anpassen können. Ärmere Länder verwiesen dagegen auf die hohen Kosten.
Die afrikanischen Länder wiederum hätten gerne strengere Auflagen im PABS-System und beim Technologietransfer gesehen sowie klare Finanzierungshilfen zur Stärkung der Gesundheitssysteme.
Warum ist der Vertrag Gegenstand von Verschwörungsmythen?
Verbreiter von Verschwörungsmythen behaupten vor allem in sozialen Netzwerken, die WHO könne nun bei der nächsten Pandemie Zwangsmaßnahmen anordnen und über den Ausnahmezustand entscheiden.
Das ist jedoch nicht zutreffend. In Artikel 22 Nummer 2 des Pandemievertrags steht ausdrücklich, dass weder die WHO noch ihr Generaldirektor innerstaatliche Maßnahmen anordnen, Reisebeschränkungen verhängen, Impfungen erzwingen oder Lockdowns anordnen können.
Der Vertrag gilt nur in Ländern, die ihn ratifizieren. In dem Vertrag sind auch keine Strafmaßnahmen vorgesehen, wenn ein Land seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Wann tritt der Pandemievertrag in Kraft?
Bis der Vertrag in Kraft treten kann, könnten noch Jahre vergehen. Zunächst müssen noch die Punkte zum PABS-System ausgehandelt werden. Wenn dies geschehen ist, kann der Pandemievertrag den Regierungen zur Ratifizierung vorgelegt werden. Er tritt erst in Kraft, wenn 60 Länder ihn ratifiziert haben. Die WHO hat derzeit noch 194 Mitgliedsstaaten, die USA und Argentinien haben jedoch ihren Austritt angekündigt.