Eine Straße mit Fahrzeugen in Front Royal, USA.

Stimmung in der US-Provinz Kaffee, Haferflocken - und Dissens über Trump

Stand: 17.06.2025 15:43 Uhr

Die Proteste in Los Angeles bewegen auch Menschen in anderen Landesteilen - so auch in der Kleinstadt Front Royal in Virginia. Was halten die Stammgäste eines Diners von seinem Kurs gegen Migranten?

Von Wolfgang Landmesser, ARD-Studio Washington

Es ist zehn Uhr morgens, die rund 20 Tische im "Our Hometown Diner" in Front Royal sind zur Hälfte besetzt. An den Wänden hängen Fotos aus vergangenen Tagen. Zwei Ventilatoren drehen sich unter der Decke, es ist ein schwül-heißer Tag im Warren County in Virginia, einem Bezirk, wo 68 Prozent der Stimmen bei der letzten Präsidentschaftswahl an Donald Trump gingen.

Raymond und sein Freund Stan sind regelmäßige Gäste - das Diner ist ihr Lieblingsort: "Sehr gute Leute, sehr gutes Essen", sagt Raymond. Die beiden sprechen gerne über die Demonstrationen in Los Angeles und auch darüber, dass Trump die Nationalgarde und die Elitetruppe der US-Marines geschickt hat - gegen den Willen des demokratischen Gouverneurs von Kalifornien.

Raymond, ein ruhiger, freundlicher Mann mit großer Baseballmütze über dem bärtigen Gesicht, findet das genau richtig. Die Situation sei außer Kontrolle geraten, meint er. "Wenn Trump nicht gehandelt hätte, wären wahrscheinlich schon Menschen gestorben."

Aussenansicht eines Diners in Front Royal, USA.

Das "Our Hometown Diner" in Front Royal, Virginia.

Trump - "das beste, was uns passieren konnte"

Daran, dass die meisten Demonstrantinnen und Demonstranten friedlich unterwegs gewesen seien, wie die kalifornischen Behörden das immer wieder betont hatten, glaubt Raymond nicht. Vielmehr seien die Unruhen von langer Hand geplant gewesen: "Sie werden aufgewiegelt", ist er überzeugt. Es seien Leute dabei, die dafür bezahlt würden, auf die Straße zu gehen und andere Leute zu beeinflussen. "So schnell kann man doch keine Plakate herstellen. Die Steine, die sie werfen, liegen einfach nicht an jeder Ecke bereit. Jemand versorgt sie damit."

Ähnlich denken auch Don Tweedy und John Lambert. Die beiden Über-80-Jährigen sind ebenfalls Stammgäste im "Hometown Diner". Über seinen Haferflocken mit Milch preist John den republikanischen Amtsinhaber Trump - und schmäht dessen Vorgänger: "Joe Biden sollte wegen Hochverrats vor Gericht gestellt werden, weil er Millionen Illegale, Kriminelle, Terroristen ins Land gelassen hat. Sie machen uns große Probleme, auch finanziell. Und Gott segne Trump."

Gäste sitzen in einem Diner in Front Royal, USA.

Don Tweedy und John Lambert (vorne) sind Stammgäste im "Hometown Diner" in Front Royal.

Bei den Gebeten für Trump pflichtet ihm Don bei: "Gott segne ihn. Er ist das Beste, was uns passieren konnte. Unser linkes Justizsystem gibt den illegalen Migranten alle unsere Rechte, und wir zahlen dafür unser ganzes Leben lang Steuern und arbeiten." Die Steuergelder für den Einsatz der Marines in Los Angeles - nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums mehr als 130 Millionen Dollar - halten die alten Herren dagegen für gut investiert.

Eine Karte der USA mit Fokus auf den Bundesstaat Virginia mit dem Ort Front Royal

Besser nicht über Politik reden

Sadie Price schüttelt nur mit dem Kopf, wenn sie so etwas hört. Sie ist Kellnerin im Diner. Als Demokratin kann sie mit den politischen Ansichten der meisten ihrer Gäste nichts anfangen. Mit Diskussionen hält sie sich allerdings zurück. "Ich möchte keinen Streit mit Kunden oder meinen Chefs. Es gefällt mir hier sehr gut, aber wir haben eben eine sehr unterschiedliche politische Sicht auf die Dinge. Deswegen reden wir darüber besser nicht."

Kein Problem dagegenzuhalten haben Jayne und Brenda Brasch, die gerade vor ihrem Kaffee sitzen. Ihre beiden Brüder wählen die Republikaner - und es gibt ständig Zoff. Natürlich auch über die Proteste in Los Angeles. "Trump hat nicht das Recht, die Nationalgarde zu schicken", sagt Jayne energisch. "Wir haben ein Recht zu demonstrieren, dieses Land gründet sich auf Protest. Und es war ein friedlicher Protest." Trump habe die Truppen nur geschickt, um seine Macht zu demonstrieren. "Und um besser auszusehen."

Demonstrationsrecht ja - "aber nicht so"

Nur einen Tisch weiter sitzen Jerry McGee und David Clanigan. Beide sind Prediger. Er bete täglich für das Land und die politische Führung, sagt David. Aber in die Politik will er sich nicht großartig einmischen. Anders Jerry, der ein T-Shirt trägt mit dem Slogan "Jesus ist mein Retter, Trump mein Präsident". Zu demonstrieren sei ein Grundrecht, meint er - aber nicht so. "Es mag ein kleiner Teil sein, die so etwas machen. Aber sie haben die amerikanische Flagge verbrannt, sie haben darauf gespuckt. Die Flagge, für die Leute gestorben sind, entweihen sie."

Wehret den Anfängen - so sieht Jerry den Fall Los Angeles. "Sie das Militär sehen zu lassen, sorgt für ein bisschen Abschreckung - damit sie nicht einfach Gebäude beschädigen können und all das. Es war schon schlimm, aber es hätte noch schlimmer kommen können."

Und dann gibt es den Pragmatiker

Und dann gibt es noch einen, der unbedingt über die Demonstrationen sprechen will. Nathan Simpson arbeitet als Aushilfe in der Diner-Küche und lernt mit einer Sprach-App Deutsch. Was in Los Angeles gerade passiert, sieht der 16-jährige Schüler pragmatisch. "Ich denke, der Präsident sollte den Willen der Menschen akzeptieren. Und wenn die Menschen in Kalifornien demonstrieren wollen - und dabei friedlich sind..." Wenn es Gewalt gebe, sei es natürlich etwas anderes. "Aber ich habe das Gefühl, dass Kalifornien eigene Mittel hat, damit umzugehen", sagt Nathan.

Und wen hätte er im vergangenen November gewählt, wenn er alt genug gewesen wäre? Das ist für den Schüler nicht einfach zu beantworten. "Das war eine 'Wie man's macht, man macht es verkehrt'-Situation", findet er. Am Ende hätte er aber wahrscheinlich doch Trump gewählt.