Die blauen Chips sind Simon Schloß schon am Morgen nach der Flutkatastrophe aufgefallen. "Alles war verwüstet hier unten", erinnert sich der Feuerwehrmann aus Malberg, der damals am Kyllufer im Einsatz war. "Im Matsch und Schutt ist mir das blaue Plastikzeug aber direkt ins Auge gestochen. Wir haben uns natürlich gefragt, wo das herkommt."

Plastikchips sind geschredderte Sprudelkisten aus Gerolstein
Schon kurz darauf stellt sich heraus, dass es sich um geschredderte Sprudelkisten handelt. Der Gerolsteiner Brunnen hatte das Material in Säcken auf einem Gelände bei Rockeskyll in der Nähe des Kyllufers gelagert. Das Hochwasser hat dann die Säcke mitgerissen und das blaue Granulat im ganzen Kylltal verteilt.
Und dort findet es sich vier Jahre später noch immer - von Gerolstein über Kyllburg bis nach Trier-Ehrang. Auch in Malberg, gut 30 Kilometer südlich von Gerolstein, muss Simon Schloß nicht lange nach den blauen Chips suchen. Auf einem Spaziergang entlang des Ufers findet er alle paar Meter eine Handvoll.
Landwirte müssen Wiesen wegen Granulat umpflügen
Simon Schloß spricht von einer "Umweltkatastrophe". Er befürchtet, dass Fische oder Nutztiere das Plastik fressen könnten. Genau dieses Problem schildert uns auch ein Landwirt aus Birresborn. Er musste nach eigenen Angaben sein Feld an der Kyll, auf dem er Gras für seine Milchkühe anbaut, komplett umpflügen. Denn es war übersäht mit blauem Granulat.

Der Malberger Feuerwehrmann Schloß würde sich deshalb wünschen, dass sich der Verursacher darum kümmert: der Gerolsteiner Brunnen. Auf Anfrage teilt das Unternehmen dazu mit, es habe nach der Flut bereits 100 Grundstücke in Gerolstein und anderen Ortschaften reinigen lassen.
"Zusätzlich haben engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen von zwei Aktionen freiwillig mitgeholfen, Granulat an schwer zugänglichen Stellen zu beseitigen", so eine Sprecherin: "Auch kontrollieren wir regelmäßig die Kyllufer nach neuen Anschwemmungen."
Landkreis: "Alle Chips einzusammlen, ist nahezu unmöglich"
"Doch die tauchen immer wieder auf", sagt Simon Schloß. In Malberg habe bislang niemand die Chips eingesammelt. Und mit jedem neuen Hochwasser werden wieder neue Plastik-Teilchen angeschwemmt. Sie alle einzusammeln und zu entsorgen, dürfte freilich schwierig werden. Fachleute des Landkreises Vulkaneifel halten das sogar für "nahezu unmöglich".

"Dass auch heute noch Kunststoffpartikel zu finden sind, ist bedauerlich, aber durch wechselnde Wasserstände und Bodenerosion kann es immer wieder dazu kommen, dass sie freigespült werden", sagt eine Sprecherin des Kreises.
Firma sieht Grundstückseigentümer zuständig
Und der Gerolsteiner Brunnen sieht sich für das Problem auch nicht mehr zuständig. Inzwischen habe man sich mit den Kommunen auf ein abgestimmtes Vorgehen geeinigt, heißt es beim Unternehmen: "Für den ordnungsgemäßen Zustand der Grundstücke sind demnach die jeweiligen Grundstückseigentümer verantwortlich." Also die Privatleute und Kommunen, die Land entlang der Kyll besitzen.

Simon Schloß ärgert es, dass der Müll einfach liegen bliebt. Und er hat alles in allem wenig Hoffnung, dass das Flussufer in Malberg irgendwann wieder so aussieht wie in seiner Jugend: "Ich wette, mit 60 Jahren werde ich hier immer noch überall dieses blaue Zeug finden."